đż (M)ein Weg zur Reiki Meisterschaft
Mein spirituelles Reisetagebuch â Heilung, Begegnung und Bewusstsein
Inhalt
VorwortZahlen & FaktenVorgeschichteWie alles begann12 Tage nochEinweihung kan’yĆ æ Łçš Nach der EinweihungNachwortKontakt
Mein Reiki Brasilien-Abenteuer mit Stella und Lisa
Vorwort
Eines Tages erzĂ€hlte mir eine langjĂ€hrige Freundin Stella davon, dass sie, mit einer weiteren Freundin Lisa, zu einem Informationsabend zum Thema Reiki gehen wĂŒrde. Ich hatte zwar keine Ahnung, was das war, jedoch reichlich Vorbehalte.
Ehrlich gesagt erwartete ich einen âabgedrehten Menschenâ, der in Gurumanier etwas zum fĂŒr mich dubios erscheinenden Thema Reiki sagen wĂŒrde. Ich traf auf Bill Lehmann, damals Pressesprecher des DgH (Dachverband geistiges Heilen). Zu meiner Ăberraschung erzĂ€hlte Bill, dass er vor vielen Jahren auch mal auf einem Infoabend fĂŒr Reiki eingeladen war und einen âabgedrehten Menschenâ in Gurumanier erwartet hatte âŠ
Kurzum, er brachte seriös und sachlich das Thema Reiki rĂŒber, und wir drei beschlossen, uns in den ersten Reiki Grad von Bill Lehmann einweihen zu lassen â so wird der Initiationsritus beim Reiki genannt. Es folgten spĂ€ter die Einweihung in den 2. Grad, viele Eigen- und Fremdbehandlungen mit ĂŒberraschenden, teilweise sensationellen Ergebnissen. SchlieĂlich wurde ich in Brasilien zum Reiki-Meister und Reiki-Lehrer eingeweiht.
Dies war also eine schicksalshafte Begegnung, denn das Arbeiten mit Reiki hat mein Leben von Grund auf verÀndert.
Zahlen und Fakten
- 18. MĂ€rz 2004 â Einweihung in den ersten Reiki-Grad Shoden durch Reiki-Meister Bill Lehmann in Berlin.
- 13. Juni 2004 â Einweihung in den zweiten Reiki-Grad Okuden durch Bill Lehmann in Berlin.
- 10. MĂ€rz 2005 â Einweihung in den Reiki-Meister-Grad und Ausbildung zum Reiki-Lehrer Gokuikaiden durch Reiki-Meister Moacir Fortaleza in Fortaleza (Brasilien).
Vorgeschichte der Brasilienreise und der Einweihung zum Reiki-Meister
Stella und ich haben beschlossen, alle Namen in Alias-Namen zu Ă€ndern. Stella hat mit mir das damals gefĂŒhrte Reiki-Tagebuch in den Rechner getippt â genau gesagt getippt hat nur Stella und ich habe vorgelesen ⊠Danke schön liebe Stella âŠ
Diese Brasilienreise und die Einweihung in den Reiki-Meister-Grad sind fĂŒr mich eng mit Annett Louisan und ihrer Band verknĂŒpft, denn ich hatte einen tragbaren CD-Player und eine CD: âBohĂšmeâ. Jeder Song dieser CD ist bis heute mit einem Ort bzw. einer Begebenheit in Brasilien verknĂŒpft.
Wie alles begann
Alles begann damit, dass Lisa am 13.09.04 fĂŒr ein halbes Jahr nach Brasilien ging ⊠Das Abenteuer konnte beginnen.
âïž Aufbruch â Der Flug nach Brasilien
Tagebucheintrag vom 26.02.05 â 12 Tage bis zur Reiki-Meister-Einweihung
Wir sitzen im Flugzeug nach Paris.
Das Bordessen war â sagen wir â sehr ĂŒbersichtlich.
Beim Start sollte ich Stellas Hand halten,
weil sie dem Start mit dem Flugzeug mit Angst entgegenblickte.
WÀhrenddessen hört sie Simon & Garfunkel auf ihrer CD
und macht – nachdem wir erfolgreich gestartet sind –
mit ihrer kleinen Prince-Pocket-Kamera ein erstes Bild von mir.
Wir haben jeder 100 Euro in US-Dollar getauscht,
und Stella hat gefĂŒhlt ein halbes TabakgeschĂ€ft im Rucksack:
unmengen von Schachteln Zigaretten und â bis zur Zollkontrolle â
auch noch fĂŒnf Feuerzeuge.
Zwei davon musste sie abgeben, was sie gar nicht lustig fand,
vor allem nicht, als es das lilafarbene Feuerzeug traf.
Ich habe spÀter erfahren, dass man meine Feuerzeuge ebenfalls konfisziert hat.
Karma in Reinform.
Auf dem Flughafen Charles-de-Gaulle dann das ĂŒbliche Schauspiel:
Gehetze zum Anschlussflug, Stellas verzweifelter Versuch,
noch schnell eine letzte Zigarette zu rauchen â
bevor ihr zehn Stunden Rauchabstinenz bevorstehen.
SchlieĂlich sitzen wir im Flieger nach Rio.
Stella spielt neugierig mit dem Bildschirm herum,
ihr Kopf voller Neugier und kleiner Rebellion.
Plötzlich greift jemand nach ihrem Kissen â
Stella ruft laut âHalt!â
und rettet ihr Nackenkissen heroisch.
Kaum sitzt sie wieder, wird sie von der halben Crew angebaggert.
âDas stimmt gar nicht!â, ruft Stella lachend neben mir.
Und doch genauso war es.
Ich fand das alles einfach amĂŒsant â
die Aufregung, die kleinen Dramen, das Lachen zwischendurch.
Selbst die Stewardessen wirkten, als hÀtte jemand
eigens fĂŒr diesen Flug eine besonders charmante Crew zusammengestellt.
đž Und irgendwo zwischen Lachen, MĂŒdigkeit und Didgeridoo-Erinnerungen
beginnt schon der erste Schritt dieser Reise â
hinein in ein neues Kapitel meines Reiki-Weges.
27.02.05 â 11 Tage bis zur Einweihung
Nur noch eine Stunde bis Rio. Nach einem erstaunlich guten FrĂŒhstĂŒck und einer eher unruhigen Nacht herrscht eine eigentĂŒmliche Mischung aus MĂŒdigkeit und Vorfreude.
Stella sorgt wie immer fĂŒr Unterhaltung: Sie stöĂt mit dem Knie gegen den Plastikbecher der Frau neben ihr â ein kleiner Becher, gefĂŒllt mit Whiskey. Der Becher kippt, der Inhalt ergieĂt sich ĂŒber das Bein der Schlafenden, und die Reaktion folgt sofort. Erwachen im Flugmodus. Begeistert war sie nicht. Ich unterdrĂŒcke ein Lachen, wĂ€hrend Stella mit gespielter Unschuld die Schultern zuckt.
Beim AusfĂŒllen der brasilianischen Einreisepapiere dann die nĂ€chste kleine Aufregung: Stella verteilt strategisch ihre Habseligkeiten auf Sitz, Boden und Tablett â Geld, Pass, Ausweis, Kugelschreiber. Ein einziges kreatives Chaos. Doch irgendwie klappt alles. Und dann ist es plötzlich soweit: Wir sind tatsĂ€chlich in Rio de Janeiro.
Lisa erwartet uns am Flughafen. Nach einem kleinen GetrĂ€nkeeinkauf bringt sie uns mit dem Bus durch die wogende Stadt â erste EindrĂŒcke, flirrende Hitze, leuchtende Farben, Musik in der Luft. Unser Apartment liegt direkt an der Copacabana. Es ist tropisch warm, die Luft riecht nach Meer und Mango. Vögel zwitschern. Stella sitzt â natĂŒrlich rauchend â in der HĂ€ngematte auf dem Balkon und schaukelt zufrieden. Ich denke: Wir sind im Paradies angekommen.
Erstmal wird Saft gelöffelt â AçaĂ, dunkelviolett, sĂŒĂ und erdig zugleich. Ein Geschmack, der nach Sonne und Energie schmeckt.
Kaum angekommen, will Stella sich die Haare schneiden lassen. Lisa und ich sind entsetzt â diese langen, hellblonden Haare! Aber Stella bleibt stur. âDie mĂŒssen ab, das neue Ich braucht Platzâ, sagt sie, und ich muss lachen.
SpÀter: der erste Ausflug an die Copacabana.
Der Himmel strahlend blau, das Meer glitzert, die Sonne ein einziger Segen â und eine Warnung zugleich. Stunden spĂ€ter sind wir alle drei leuchtend rot, echte Sonnen-Neulinge im Tropenland.
Abends reiben wir uns mit Aloe-Vera-Gel aus einer frischen Pflanze ein, die Lisa irgendwo aufgetrieben hat. Es kĂŒhlt, duftet, heilt.
Die Hitze legt sich ĂŒber die Stadt, die Brandung rauscht.
Ein langer Tag endet â und ein wunderschönes Kapitel beginnt.
28.02.05 â Noch zehn Tage bis zur Reiki-Meister-Einweihung
Der Wecker klingelt um vier Uhr morgens â Lisas Handy, schrill und gnadenlos.
Ich bin völlig verwirrt, denn mein Handy zeigt acht Uhr an. In meinem halbwachen Zustand rechne ich blitzschnell: acht Uhr hier, also zwölf Uhr in Deutschland. Ich will schon Stella wecken, weil sie doch jemanden anrufen wollte. Doch ihr Handy bringt die AufklĂ€rung â es ist tatsĂ€chlich vier Uhr. Ich hatte einfach noch die deutsche Zeit eingestellt. Willkommen im Jetlag.
Ein paar Stunden spĂ€ter, um neun Uhr, stehen wir wieder auf. DrauĂen leuchtet die Sonne ĂŒber Rio, und wir holen uns frisch gepresste SĂ€fte: Banane, Orange, AçaĂ â ein flĂŒssiges FrĂŒhstĂŒck voller tropischer Energie.
Die Stimmung ist ausgelassen. Zwischen Lachen und Necken beschĂ€ftigen sich die beiden MĂ€dels mit allerlei… ungewöhnlichen Themen. Fragen, die man wohl nur auf Reisen stellt â oder wenn die Sonne etwas zu stark geschienen hat. Es geht um Finger, um ZurĂŒckhaltung und um die Frage: âWie lange halten wir es eigentlich aus, enthaltsam zu bleiben?â
Ich lache, schĂŒttele den Kopf und nehme einen groĂen Schluck Saft. Willkommen im brasilianischen Morgen.
Mein portugiesischer Lieblingssatz fĂŒr den Tag lautet:
âEo nao falo portuguĂȘs muito bomâ â was in etwa bedeutet: âIch spreche kein besonders gutes Portugiesisch.â
Ein Satz, den ich bald hÀufiger brauchen werde.
Lisa und Stella â oder besser gesagt GlĂŒhchen, wie wir sie wegen ihres Sonnenbrandes getauft haben (sie glĂŒht wie eine kleine Osram-Lampe) â sitzen auf dem Balkon und lesen mir aus der Hand.
Lisa behauptet, meine Lebenslinie sei erschreckend kurz. Noch bevor ich reagieren kann, beginnen die beiden, meinen Nachlass aufzuteilen.
âDas Studio will ich nichtâ, sagt GlĂŒhchen trocken. âAber den Computer schon.â
Ich lache â ein bisschen nervös.
SpĂ€ter, frisch gestĂ€rkt mit GuaranĂĄ, machen wir uns auf den Weg ins InternetcafĂ©. Ăber Skype telefonieren wir nach Deutschland â Verbindung, Rauschen, Stimmen aus der Ferne. Danach fahren wir mit der U-Bahn ins Zentrum.
Shopping in Rio: Steine, eine Reiki-CD, Reiki-Aufkleber, drei Tassen â blau, weiĂ und tĂŒrkis â fĂŒr unseren Trip nach Fortaleza. Dazu ein GewĂŒrzkissen, das nach Zimt und Vanille duftet.
Auf der Rolltreppe verliert Lisa plötzlich ihren Havaiana-Schuh â er bleibt irgendwo zwischen den Stufen stecken. Schuld, natĂŒrlich, ist laut ihr Stella.
Also: neuer Schuh, neues Lachen.
SpĂ€ter sitzen wir im legendĂ€ren CafĂ© âColomboâ. Der Raum wirkt wie aus einer anderen Zeit â Marmorböden, Spiegel, Kronleuchter. Ich trinke den besten Cappuccino meines Lebens. DrauĂen lĂ€rmt die Stadt, drinnen ist alles still und golden.
Wir treffen Lisas Gastvater Maia, einen ruhigen, freundlichen Mann. Auf dem RĂŒckweg sieht Stella auf der StraĂe eine Hundeshow. Ein Hund erinnert sie an ihren eigenen, Kiwi â oder besser gesagt Akira. Sie bekommt einen wehmĂŒtigen Blick.
Am Abend sind wir zurĂŒck im Apartment. Lisa ist bei ihrem Gastvater.
Stella und ich sitzen auf dem Balkon, die Luft ist warm, das Meer rauscht leise in der Ferne.
Wir hören Annett Louisan. Ihre Stimme legt sich ĂŒber den Abend wie ein Schleier.
Ein friedlicher Moment zwischen Reisen, Sonne und Stille â
und ich spĂŒre, wie sich Brasilien langsam in mein Herz schreibt.
01.03.05 â Noch neun Tage bis zur Reiki-Meister-Einweihung
Lisa und Stella schlafen bis drei Uhr nachmittags â tief, fest, als mĂŒssten sie die ganze tropische Woche nachholen.
Ich sitze wĂ€hrenddessen auf dem Balkon, höre die Stadt rauschen, rieche den warmen Duft von Sonne und Salz in der Luft. Als sie schlieĂlich auftauchen, machen wir unser ganz eigenes SpĂ€tfrĂŒhstĂŒck: ein Fest aus Mango, Papaya, Banane und AçaĂ. Der Tisch ist ein kleines Paradies aus Farben, der Himmel strahlend darĂŒber.
Der Tag steht im Zeichen des Aufbruchs. Am Mittwoch geht es weiter â und das bedeutet: packen, sortieren, entscheiden. Was bleibt bei den Gasteltern, was kommt mit?
Kleider, BĂŒcher, kleine ErinnerungsstĂŒcke. Es wird verhandelt, diskutiert, gelacht. Jede Tasche ist ein Symbol dafĂŒr, was wir loslassen â und was wir mitnehmen wollen.
SpĂ€ter gehtâs noch einmal ins Internet-CafĂ©. Wir schreiben E-Mails nach Deutschland, telefonieren, âmessengernâ. Kleine digitale FĂ€den, die uns mit Zuhause verbinden.
Am Abend dann das Highlight des Tages: Shopping mit Lisas Gastvater Maia.
Er fĂŒhrt uns durch kleine, wuselige LĂ€den, hilft beim Feilschen und Lachen. Wir kaufen SchlafsĂ€cke, einen kleinen Topf, MĂŒckenschutz â das Notwendige fĂŒr den Weg in den Norden. Danach zum Busbahnhof: Tickets kaufen.
Nach einigem Hin und Her â und typisch Stellas Ăberzeugungskraft â beschlieĂen wir, nicht direkt nach Fortaleza zu fahren, sondern zuerst nach Salvador da Bahia.
Sechsundzwanzig Stunden Busfahrt liegen vor uns. Ein Abenteuer auf RĂ€dern. Ein paar Tage in Salvador, bevor die Reise weitergeht Richtung Fortaleza â das klingt plötzlich genau richtig.
SpĂ€ter lernen wir noch Vera, Maias Frau, kennen â eine herzliche, elegante Frau mit einem leisen, warmen LĂ€cheln. Sie zeigt uns gemeinsam mit Maia ihre Stadt: eine kleine Tour im Auto, vorbei am riesigen FuĂballstadion, an bunten HĂ€usern, an vibrierenden StraĂen voller Leben.
Als der Abend sich senkt, sitzen wir an der Copacabana.
Ich trinke frischen Kokossaft direkt aus der grĂŒnen Nuss, Stella und Lisa ein kĂŒhles Cerveja.
Das Meer rauscht, der Himmel glĂŒht, Musik weht vom Strand herĂŒber.
Ein Moment zwischen Abschied und Neubeginn â
leicht, warm und voller Vorfreude auf das, was kommt.
02.03.05 â Noch acht Tage bis zur Reiki-Meister-Einweihung
Der Tag des Aufbruchs ist gekommen â Abreise nach Salvador.
FĂŒr Lisa und Stella bedeutet das: aufstehen mitten in der Nacht, auch wenn die Uhr unbestechlich acht Uhr morgens zeigt. FĂŒr sie ist das eindeutig âacht Uhr nachtsâ.
Mit schwerem GepĂ€ck, RucksĂ€cken, Taschen und einer Portion Vorfreude machen wir uns auf den Weg zum Busbahnhof. Das Einchecken gestaltet sich â sagen wir â kreativ. Jeder will gleichzeitig etwas, keiner weiĂ genau was, und doch fĂŒgt sich alles irgendwie. SchlieĂlich sitzen wir tatsĂ€chlich im Bus.
Unsere PlĂ€tze? Ganz hinten â direkt neben der Toilette. Der Gedanke an 26 Stunden Fahrt in dieser strategisch heiklen Position löst zunĂ€chst wenig Begeisterung aus. Doch das Universum gleicht aus: Wir haben als Einzige jeweils einen Doppelplatz. Platz zum Liegen, zum Schlafen, zum TrĂ€umen.
Der Bus ruckelt los, die Stadt verblasst im RĂŒckspiegel. Vor uns liegen fast anderthalb Tage Brasilien pur â Asphalt, Hitze, tropische Dörfer, weite Landschaften.
Alle acht Stunden gibt es eine halbstĂŒndige Pause:
ein staubiger Parkplatz, ein kleines Café, irgendwo zwischen Nirgendwo und Abenteuer.
Wir trinken sĂŒĂen Kaffee, strecken die Beine, lachen ĂŒber das Chaos.
Dann geht es wieder weiter, Stunde um Stunde, begleitet vom Summen des Motors und dem GefĂŒhl, dass diese Reise mehr ist als nur eine Fahrt â
es ist der Ăbergang in ein neues Kapitel,
zwischen Alltag und Meisterweg,
zwischen Jetzt und dem, was wartet.
03.03.05 â Noch sieben Tage bis zur Reiki-Meister-Einweihung
Abends erreichen wir endlich Salvador da Bahia â mĂŒde, staubig, aber glĂŒcklich.
Die Busfahrt hat uns weichgespĂŒlt, das Meer glitzert in der Ferne, und die Luft ist schwer vom Duft nach Salz, Diesel und Mango.
Kaum angekommen, möchte Stella sofort in ein Internet-Café.
Sie will in Deutschland anrufen â âwichtige Dinge klĂ€renâ, wie sie sagt, und verschwindet kurz darauf zwischen flackernden Neonlichtern und Computermonitoren.
Wir haben von einem Mitreisenden einen Tipp bekommen: eine gĂŒnstige Pousada, nicht weit vom Zentrum. Also steigen wir in ein Taxi â 22 Reais, ein kleiner Luxus nach 26 Stunden Bus.
Der Fahrer rast durch nĂ€chtliche StraĂen, voller Musik, hupender Autos und bunter Lichter. Doch am Ziel folgt die ErnĂŒchterung: Der Tipp war ein Reinfall.
Die Ăbernachtung dort soll ĂŒber 100 Reais kosten â viel zu viel.
Doch das Schicksal zeigt Humor: Nur drei HĂ€user weiter entdecken wir eine kleine Unterkunft â unsere âLuxus-Pousadaâ.
Alt, aber charmant, leicht schief, mit tropischem Geruch und bröckelndem Putz.
Die Vermieter wollen zuerst 60 Reais, gehen dann von sich aus auf 10 Reais pro Person herunter.
Wir sind erleichtert â und nehmen dankbar an.
Stella ist weniger begeistert von unserer neuen Herberge,
doch sie bekommt das Bett mit Lisas MĂŒckennetz â
das wir feierlich âdas Prinzessinnen-Bettâ taufen.
Ich liege auf meiner einfachen Matratze und denke:
Manchmal ist Luxus einfach, dass man angekommen ist.
SpÀter gehen wir zum Strand hinunter.
Der Sand ist weich und noch warm vom Tag, das Meer rauscht leise, die Sterne hĂ€ngen tief ĂŒber der Bucht.
Danach suchen wir uns etwas zu essen â einfache KĂŒche, frischer Fisch, Reis, Limette.
Am Abend lernen wir auf der StraĂe eine Gruppe brasilianischer Bauarbeiter kennen â
eine fröhliche, offene Truppe, die lacht, scherzt und uns sofort einlÀdt, sich dazuzusetzen.
Wir reden mit HĂ€nden, FĂŒĂen, LĂ€cheln â und sie heiĂen uns willkommen, als wĂ€ren wir alte Freunde.
SpÀter treffen wir auch Roberto und Ricardo, zwei Berliner.
Roberto war bis vor Kurzem Betreiber einer Musiklocation in Berlin,
jetzt reist er mit seinem jĂŒngeren Bruder durch Brasilien.
Sie erzĂ€hlen Geschichten, die klingen wie aus einem Film â
vom Karneval, von ĂberfĂ€llen, von NĂ€chten voller Chaos und Gefahr.
Zweimal seien sie bereits ausgeraubt worden.
Und dann, ernster werdend, berichten sie von den SchieĂereien in den Favelas:
drei erschossene Polizisten vorgestern,
gestern eine Vergeltungsaktion â viele Tote, auch Kinder.
Sie warnen uns eindringlich:
âGeht niemals allein in die Favelas.â
Wir nicken. Das hatten wir ohnehin nicht vor.
Als wir spĂ€ter in unsere kleine Pousada zurĂŒckkehren, hĂ€ngt die Nacht still ĂŒber der Stadt.
Durch das offene Fenster weht Musik herauf â Trommeln, Stimmen, das Herz von Bahia.
Ich liege wach und denke:
Hier ist Licht und Schatten so dicht beieinander wie Hitze und Wind.
Brasilien atmet in GegensĂ€tzen â
und wir sind mittendrin.
04.03.05 â Noch sechs Tage bis zur Reiki-Meister-Einweihung
Ein Ausflug in die Altstadt von Salvador â warmes Licht, bunte HĂ€user, enge Gassen voller Leben.
Die Stadt wirkt wie ein Kaleidoskop aus Musik, Farben und Stimmen.
Lisa und Stella stĂŒrzen sich begeistert in jedes kleine GeschĂ€ft,
von handbemalten SchmucklĂ€den bis zu StĂ€nden mit duftenden Ălen.
Ein Laden zieht uns besonders in den Bann: ein Raum voller Mineralien, Halbedelsteine und Kristalle,
die im Sonnenlicht schimmern wie eingefangene Regenbögen.
Die Innenstadt liegt auf einer Anhöhe â hell, farbenfroh, lebendig.
Darunter beginnen die Favelas, die Àrmeren Viertel.
VertrĂ€umt und sorglos schlendern wir durch die StraĂen,
vorbei an Soldaten und MilitÀrkontrollen,
die den oberen Teil der Stadt vom unteren abriegeln.
Wir denken uns nichts dabei â bis wir plötzlich merken,
dass wir uns verlaufen haben.
Ein paar Ecken weiter sind wir mittendrin in den Favelas.
Die Stimmung verÀndert sich sofort.
Der Asphalt wird zu Erde, die HĂ€user werden grau, zerfallen,
und die GerĂ€usche klingen anders â leiser, angespannter.
Ich spĂŒre, wie mein Herz schneller schlĂ€gt.
Wir wissen, dass hier noch vor zwei Tagen SchieĂereien stattgefunden haben â
mehrere Tote, Polizisten und Kinder.
Und nun stehen wir hier, drei Touristen mit RucksÀcken und offenen Gesichtern.
Ein Bild brennt sich mir in die Seele:
Eine junge Frau liegt vor einer Kirche auf dem Boden,
den Daumen im Mund, wie ein Kind, das Zuflucht sucht.
Daneben Kinder, die auf der StraĂe schlafen,
Menschen, die in halbverfallenen HĂ€usern sitzen und uns stumm ansehen.
Ein sehr junges, schwangeres MĂ€dchen bietet uns Ketten zum Kauf an.
Ăberall neugierige, wachsame Augen.
Ich schwitze Blut und Wasser.
FĂŒr einen Moment scheint die Stadt stillzustehen.
Dann tritt ein Mann auf uns zu, freundlich, wortlos,
und deutet auf einen Weg.
Er bringt uns zu einer alten Seilbahn â
sie fĂŒhrt zurĂŒck nach oben, zurĂŒck in die sichere, farbige Welt.
Als wir aussteigen, atmen wir auf.
Die Erleichterung ist körperlich spĂŒrbar.
Diese halbe Stunde bleibt mir unvergesslich â
nicht als Angstmoment, sondern als tiefer Eindruck.
Ein StĂŒck Brasilien, das man nicht aus der Ferne begreifen kann,
sondern nur, wenn man es spĂŒrt â mitten im Staub,
im Blick eines Kindes, in der NĂ€he derer, die nichts haben.
SpĂ€ter, zurĂŒck im Alltag, hĂ€ngt die Stimmung noch in der Luft.
Zwischen Lisa und Stella gibt es kleine Reibereien,
die wir klĂ€ren mĂŒssen â MĂŒdigkeit, Emotionen, NĂ€he.
Ich gehe am Abend nicht mehr mit,
wÀhrend die beiden mit unseren brasilianischen Bekannten feiern.
Stattdessen sitze ich im Internetcafé,
die HĂ€nde an der Tastatur, Webcam, Messenger,
ein StĂŒck Heimat auf dem Bildschirm â
und das Echo eines Tages, der mich verÀndert hat.
05.03.05 â Noch fĂŒnf Tage bis zur Reiki-Meister-Einweihung
Unser letzter Tag in Salvador da Bahia beginnt mit Regen â nicht einfach Regen, sondern einem wahren Tropensturm.
Das Wasser stĂŒrzt vom Himmel, als hĂ€tte jemand den Ozean umgedreht. Innerhalb weniger Minuten sind die StraĂen kleine FlĂŒsse, und wir stapfen lachend und fluchend hindurch â Lisa und ich.
Stella schlÀft noch ihren Rausch aus, wÀhrend wir uns auf den Weg zum letzten Einkauf machen.
Der Regen ist so heftig, dass ich einen Moment lang wirklich Angst habe:
Was, wenn der Strom von den Masten durch das Wasser flieĂt?
In Brasilien, so erzÀhlt man, ist das nicht ausgeschlossen.
Doch nichts passiert â auĂer, dass wir bis auf die Haut durchnĂ€sst sind.
Trotzdem: Es fĂŒhlt sich lebendig an, wie eine Reinigung, ein kleiner Abschied im Element Wasser.
Nach einem warmen, krĂ€ftigen FrĂŒhstĂŒck zieht es uns noch einmal ans Meer.
Der Himmel ist inzwischen heller geworden, die Luft dampft, alles riecht nach Salz und Erde.
Wir stehen am Aussichtspunkt, blicken auf die Brandung, auf das Licht, das zwischen Wolken und Wellen tanzt.
SpĂ€ter gehe ich mit Stella noch zum alten Leuchtturm â ein stiller Ort mit Blick ĂŒber die ganze Bucht.
Wir trinken frische FruchtsĂ€fte, dann Kokoswasser direkt aus der Nuss â kĂŒhl, sĂŒĂ und einfach perfekt.
ZurĂŒck in der Pousada packen wir unsere Sachen.
Die WÀnde sind feucht, unsere RucksÀcke schwer, aber das Herz ist leicht.
Zum Abschied sitzen wir noch einmal zusammen, Lisa, Stella und ich,
und teilen uns eine Riesenpizza â das inoffizielle letzte Abendmahl von Salvador.
Unsere âPousada-Elternâ verabschieden uns herzlich.
LĂ€cheln, Umarmungen, ein paar portugiesische Worte, die wir kaum verstehen,
aber deren WĂ€rme keine Ăbersetzung braucht.
Dann steigen wir ins Taxi. Stella blickt noch einmal zurĂŒck,
aber ich bin sicher: Ihrer âLuxus-Herbergeâ trauert sie keine TrĂ€ne nach.
Am Busbahnhof wartet schon der Nachtbus nach Fortaleza.
21 Stunden Fahrt liegen vor uns.
Es ist 21 Uhr, als der Motor anspringt.
Die Fenster spiegeln das letzte Licht von Salvador.
Dann verschluckt uns die Dunkelheit der StraĂe â
und das nÀchste Kapitel unserer Reise beginnt.
06.03.05 â Nur noch vier Tage bis zur Reiki-Meister-Einweihung
Nach einer ruhigen, beinahe meditativen Busfahrt erreichen wir Fortaleza gegen 17 Uhr.
Die Sonne steht tief, das Meer glitzert in der Ferne, und die warme Luft riecht nach Salz und Abenteuer.
Am Busbahnhof wartet schon JoĂŁo, Lisas Reiki-Lehrer und Freund â ein sanft lĂ€chelnder Mann, offen, ruhig, herzlich.
Schon nach wenigen Minuten im Auto merke ich: Er hat diese besondere Aura, wie Menschen, die aus sich heraus Frieden ausstrahlen.
Stella mag ihn sofort â spĂ€testens, als er uns in eine Unterkunft fĂ€hrt, die alles ĂŒbertrifft, was wir erwartet hatten.
Wir kommen im Yacht-Coast an â und stehen staunend in der 14. Etage.
Der Balkon liegt direkt ĂŒber dem Meer.
Nicht âmit Meerblickâ â nein, das Meer ist zum Greifen nah, es brandet unter uns, als wĂŒrde es den Himmel berĂŒhren.
Das Zimmer ist hell, weit, makellos:
ein Marmorbad mit begehbarer Dusche, eine kleine KĂŒche, glatte Steinfliesen, und ĂŒberall dieses leise Rauschen der Wellen.
Ein StĂŒck Luxus, das nach den vergangenen Wochen fast surreal wirkt â
vor allem nach unserer charmanten, aber leicht bröckelnden âLuxus-Pousadaâ in Salvador.
Im Fahrstuhl ein kleiner Zwischenfall:
Der Sohn eines Ministers, der ĂŒber uns wohnt, nutzt den engen Raum fĂŒr ein allzu offenes Kompliment an Lisa.
Sie reagiert charmant â aber bestimmt.
Ich merke: Willkommen im heiĂen Norden Brasiliens.
Nach einer Dusche und einem tiefen Atemzug Freiheit geht es an den Strand.
Der Sand ist warm, der Wind weich, das Licht goldfarben.
Nur ein paar Schritte weiter liegt der Fischmarkt von Fortaleza â laut, lebendig, voller Stimmen, Musik und GerĂŒche.
Lisa wird ganz in ihrem Element:
Sie verhandelt professionell und mit funkelnden Augen â
ein Kilo Scampis, ein groĂer Rotfisch und drei dicke Scheiben Schwertfisch.
Gesamtpreis: 25 Reais, etwa sieben Euro.
Ein Festmahl.
Direkt daneben werden die Fische frisch zubereitet â auf offenem Feuer, mit Knoblauch, Limette und Butter.
Wir sitzen an einem einfachen Holztisch, FĂŒĂe im Sand,
die Sonne versinkt ĂŒber dem Meer, wĂ€hrend der Duft von gegrilltem Fisch durch die Luft zieht.
Dann stoĂen noch Mark aus Berlin und seine brasilianische Freundin dazu,
dazu sein Chef und dessen Frau.
Ein merkwĂŒrdig vertrauter Moment â deutsch, brasilianisch, international.
Wir lachen, erzÀhlen, tauschen Geschichten.
Ein Musiker namens Armando gesellt sich zu uns â
Gitarre, LĂ€cheln, ein wenig Charme.
Er singt portugiesische und spanische Lieder,
eine weiche, melancholische Stimme, die sich mit dem Wind mischt.
Zwischendurch nascht er ungeniert von unseren Scampis â
aber mit so viel Charme, dass niemand ihm böse ist.
Er spricht Deutsch, Spanisch, Portugiesisch und Englisch,
erzÀhlt von seiner Zeit in Europa, von Auftritten in Deutschland,
von Menschen, die kamen und gingen â
und von der Musik, die bleibt.
Der Abend endet in einem dieser stillen, goldenen Momente:
Wellenrauschen, Stimmen im Hintergrund,
ein Glas Saft in der Hand,
und das GefĂŒhl, angekommen zu sein â
am Meer, im Jetzt, im Leben.
07.03.05 â Nur noch drei Tage bis zur Einweihung
Der Morgen beginnt turbulent. Stella und ich sitzen im InternetcafĂ©, eigentlich nur kurz zum Nachsehen von Mails â und plötzlich bricht Chaos aus: Das Arbeitsamt in Deutschland macht Stress wegen ihres Urlaubsantrags. Panik, Aufregung, wildes Tippen, Telefonieren, Ăbersetzen. Ich trinke still meinen Kaffee und beobachte, wie Stella zwischen Empörung und Verzweiflung schwankt. Irgendwann löst sich alles, wie so oft, einfach wieder auf.
Danach suchen wir Erholung â am und im Hotelpool. Das Wasser ist warm, die Sonne glitzert darauf, Möwen kreisen ĂŒber dem Meer. FĂŒr einen Moment ist die Welt wieder leicht. Lisa hat andere PlĂ€ne â sie verbringt den Vormittag mit Joao, der offensichtlich nicht nur Reiki, sondern auch das Leben recht intensiv praktiziert.
Am Nachmittag holt uns Joao mit seinem alten, aber gepflegten Auto ab. Wir fahren in die Innenstadt, eine Mischung aus Sightseeing, Staunen und spontanen EinkĂ€ufen. In einem Laden mit Stoffen und asiatischen Accessoires entdecken Lisa und ich zwei wunderschöne japanische Decken â kunstvoll gewebt, in warmen Farben. Ich denke sofort: Eine davon wird einmal meinen Reiki-Raum schmĂŒcken. (Bis heute liegt sie, ironischerweise, bei Stella.)
SpÀter fahren wir mit dem Taxi zum Fischmarkt. Der vertraute Geruch, Stimmengewirr, Wellenrauschen.
Wir kaufen Fisch, Scampis und zwei beeindruckende LangustenschwĂ€nze. Die Scampis und der Fisch werden direkt am Imbissstand frisch zubereitet â köstlich, mit Limette, Knoblauch und Chili. Die Langusten mĂŒssen warten; sie gelten hier als âverbotenâ, wahrscheinlich wegen Schonzeit.
Danach wollen wir noch einen Supermarkt finden. Es ist inzwischen dunkel, die Luft feucht und warm. Wir laufen durch StraĂen, die immer schmaler werden, vorbei an flackernden Neonlichtern und Musik aus offenen Fenstern. Plötzlich merken wir: Wir sind am Rand der Favelas. Die Gassen sind eng, die Stimmung verĂ€ndert sich, fremde Blicke folgen uns. Ich spĂŒre, wie meine Aufmerksamkeit steigt â ein instinktives Ziehen in der Magengrube.
Wir erledigen schnell unsere EinkĂ€ufe â unter anderem einen kleinen Elektrogrill, um die Langusten im Apartment zuzubereiten â und beschlieĂen, ein Taxi zu nehmen, obwohl es nur ein paar hundert Meter bis zum Hotel sind. Der Fahrer nickt knapp, startet den Wagen â und brettert mit vollem Tempo durch die Nacht.
An roten Ampeln hĂ€lt er nicht an. âZu gefĂ€hrlichâ, erklĂ€rt er knapp. Ich lehne mich zurĂŒck, schaue hinaus auf die Lichter und denke, wie dicht hier Abenteuer und Risiko beieinander liegen.
ZurĂŒck im Apartment wartet wieder das Meer unter unserem Balkon. JoĂŁo kommt noch vorbei â mit einem Didgeridoo unter dem Arm. Ich muss lachen. Ein Reiki-Lehrer mit Didgeridoo am Atlantik â das klingt nach einem Kapitel aus einem surrealen Roman. Doch als er ein paar Töne spielt, vibriert der ganze Raum. Tiefe, warme KlĂ€nge, die sich mit dem Meeresrauschen verbinden.
SpÀter verschwindet Lisa erneut mit João, und ich sitze mit Stella auf dem Balkon.
Die Luft ist mild, der Himmel schwarzblau, und die Wellen leuchten im Mondlicht.
Wir reden lange â ĂŒber ZufĂ€lle, ĂŒber Entscheidungen, ĂŒber Wege, die sich kreuzen.
Ăber das, was bleibt, wenn alles andere weiterzieht.
Ein stiller, ehrlicher Moment zwischen zwei Reisenden am Rand der Welt.
09.03.05 â Nur noch ein Tag bis zur Einweihung
Der Ăberfall-Tag
Es war eigentlich ein friedlicher, sonnendurchtrĂ€nkter Tag â einer von denen, die leicht beginnen und nach Meer riechen. Wir waren entspannt, ein bisschen mĂŒde, aber zufrieden. Die Sonne stand tief, als Stella und ich zurĂŒck zum Apartment gingen. Nur noch ein paar Schritte, vielleicht hundert Meter. Dann geschah es.
Drei junge Burschen tauchten plötzlich aus einer SeitenstraĂe auf â schnell, entschlossen, fast lautlos. Ehe wir reagieren konnten, rissen sie Stella ihre Tasche aus der Hand. Ein kurzer, wilder Moment: Bewegung, Schreck, Herzklopfen. Dann waren sie verschwunden.
Stella stand unter Schock. Ihre Augen leer, der Atem flach. Sie hatte einen Bluterguss an der Schulter, nichts gebrochen â und doch: etwas in ihr war getroffen.
Ich fĂŒhlte mich hilflos. All die Reiki-Ruhe, die ich sonst spĂŒre, wich einem einzigen Impuls: sie festzuhalten, zu schĂŒtzen, einfach da zu sein.
Wir gingen langsam weiter, schweigend, bis zum Apartment.
Dort legte sich die Stille wie ein Tuch ĂŒber alles. Kein Meer, kein Lachen, kein GerĂ€usch konnte die Spannung aus der Luft nehmen.
Am Abend kam Joao vorbei.
Wir saĂen zusammen, redeten leise, und gingen noch einmal die Inhalte der Reiki-Meister-Initiation durch.
Er sprach ruhig, bedacht â wie jemand, der zwischen Welten vermittelt.
Doch das GesprÀch bekam eine unerwartete Wendung:
Stella wĂŒrde nicht in die Reiki-Meisterebene eingeweiht werden.
Die Entscheidung traf sie tief â und auch mich.
So vieles war vorbereitet, gespĂŒrt, gehofft.
Aber vielleicht war das Leben selbst, mit all seiner Unberechenbarkeit, gerade Teil dieser Lehre.
In dieser Nacht blieb ich lange wach.
Das Meer rauschte leise vor dem Balkon, und irgendwo in der Ferne bellte ein Hund.
Ich spĂŒrte Dankbarkeit, dass uns nichts Schlimmeres passiert war â
und gleichzeitig dieses seltsame Ziehen im Herzen,
wenn ein Tag dich lehrt, wie nah Angst und Bewusstsein beieinander liegen können.
10.03.05 â đ„ Der Tag meiner Reiki-Meister-Einweihung
Am nĂ€chsten Morgen gehen Stella und ich ins InternetcafĂ©. Die Sonne brennt schon frĂŒh, die Luft ist schwer und feucht, und doch wirkt der Tag irgendwie gedĂ€mpft â als hĂ€tte er seine Farbe verloren.
Lisa hilft uns geduldig, zwei eigene Skype-Accounts einzurichten, damit wir endlich unabhĂ€ngig von ihrem Zugang nach Deutschland telefonieren können. Eine kleine, praktische Geste â und gleichzeitig etwas, das uns wieder ein StĂŒck NormalitĂ€t zurĂŒckgibt.
Stella ist immer noch merklich erschĂŒttert.
Sie redet leise, bewegt sich vorsichtig, als trage sie den Schreck noch im Körper.
Der Ăberfall steckt ihr tief in den Knochen.
Ich sehe es in ihren Augen â dieses schnelle, wachsame Suchen, sobald jemand zu nahe kommt.
Sie lacht manchmal kurz, aber das Lachen bleibt nicht.
Lisa verabschiedet sich spÀter, um WÀsche zu waschen.
Ein seltsam alltÀglicher Satz inmitten all der inneren Unruhe.
Stella und ich bleiben im CafĂ© zurĂŒck, die Bildschirme flimmern, Stimmen hallen,
und ich denke: Vielleicht ist genau das jetzt Teil der Heilung â
die kleinen Dinge wieder tun, die Welt neu ordnen,
Schritt fĂŒr Schritt, Atemzug fĂŒr Atemzug.
Einweihung
Das Wort allein trĂ€gt schon Schwingung in sich â ein leises Zittern zwischen Ehrfurcht und Vorfreude.
Heute ist der Tag, an dem ich den Weg des Reiki-Meisters und Reiki-Lehrers betrete.
Der Raum ist erfĂŒllt von sanftem Licht, der Duft von RĂ€ucherwerk schwebt in der Luft.
Didgeridoo-Musik ertönt â tief, vibrierend, erdend â wie der Atem der Erde selbst.
Sie trÀgt mich, wÀhrend die Einweihung beginnt.
Das Ritual ist still und kraftvoll zugleich.
HĂ€nde berĂŒhren mein Scheitelchakra, Energie flieĂt, spĂŒrbar, pulsierend.
Ein warmer Strom durchzieht mich, als wĂŒrde sich ein goldener Kanal öffnen,
der sich von der Erde bis zum Himmel ausdehnt.
In einem Moment der inneren Stille erscheint eine Vision â
klare, leuchtende Bilder, Symbole, die aus der Tiefe meiner Seele auftauchen.
Ich spĂŒre, dass etwas Altes endet â und zugleich etwas Neues, Weites beginnt.
Es ist nicht nur eine Zeremonie â es ist ein Erwachen.
Nach der Einweihung sitzen wir in stiller Dankbarkeit beisammen.
Die Energie im Raum ist weich und weit geworden â
erfĂŒllt von Frieden, Freude und einer leisen Heiligkeit â
die Wellen rollen gleichmĂ€Ăig gegen die Mauern unter uns,
der Wind trÀgt den salzigen Duft des Meeres herein.
Wir gehen das Einweihungsritual Schritt fĂŒr Schritt durch.
Joao erklĂ€rt geduldig jeden Teil â die Geste, den Atem, die innere Haltung.
Ich höre zu, nehme auf, ĂŒbe. Es fĂŒhlt sich feierlich an, fast sakral, und doch ganz natĂŒrlich.
Zum ersten Mal begreife ich wirklich, dass ich dieses Ritual nicht nur erleben,
sondern selbst einmal weitergeben werde â als Reiki-Lehrer.
Nach der Theorie entsteht ein langes, ruhiges GesprÀch.
Wir sprechen auf Englisch â ĂŒber Energie, Bewusstsein, Verantwortung.
Ăber das, was Reiki im Kern bedeutet:
nicht Technik, sondern PrÀsenz.
Joao erzĂ€hlt von seinen SchĂŒlern, von Erfahrungen, von Momenten,
in denen Heilung geschieht, weil jemand einfach da ist.
Ich merke, wie sich etwas in mir ordnet â
ein stilles Wissen, das nicht aus Worten kommt.
WĂ€hrenddessen sind Stella und Lisa unterwegs â auf einem besonderen Markt, irgendwo in der Stadt.
âEinfach nur ein bisschen schauenâ, hatten sie gesagt.
Als sie schlieĂlich zurĂŒckkehren, ist es lĂ€ngst dunkel.
Sie tragen TĂŒten, lachen, erzĂ€hlen durcheinander von Farben, Stoffen und DĂŒften.
Ein StĂŒck Brasilien in jeder Bewegung.
Wir sitzen spÀter noch lange zusammen auf dem Balkon,
sehen die Lichter der Stadt ĂŒber dem Wasser tanzen.
Die Hitze des Tages ist einer warmen, weichen Brise gewichen.
Joao nickt, lĂ€chelt, und sagt schlieĂlich:
âIhr solltet vielleicht noch einen Tag bleiben. Es ist noch nicht ganz rund.â
Wir sehen uns an â und spĂŒren, dass er recht hat.
Also beschlieĂen wir: Wir bleiben noch einen Tag lĂ€nger in Fortaleza.
Vielleicht, weil das Meer uns hÀlt.
Oder weil das, was hier begonnen hat, noch nicht zu Ende erzÀhlt ist.
đ
So endet dieser Tag â und beginnt zugleich ein neuer Abschnitt meines Weges.
Ein Meisterweg â still, klar, lebendig.
12.03.05 â Der Tag 2 nach meiner Einweihung
Der Aufbruch nach Peroba beginnt wie ein kleiner Roadmovie.
Lisa hat Simon, einen deutschen Professor fĂŒr Umwelttechnik, der schon seit Jahren in Brasilien lebt, gefragt, ob er uns die etwa 200 Kilometer dorthin fahren könne. Zu unserer Erleichterung sagt er sofort ja â und so laden wir alles in seinen alten, leicht verbeulten VW-Bus, der mehr nach Abenteuer riecht als nach Sicherheit.
Noch ein letzter GroĂeinkauf im Supermarkt â Wasser, FrĂŒchte, Brot, Proviant â und dann rollen wir los, hinaus aus Fortaleza, hinein ins brasilianische Hinterland. Die Sonne brennt gnadenlos, das Meer glitzert irgendwann im RĂŒckspiegel, die StraĂe zieht sich endlos geradeaus. Simon erzĂ€hlt von seinem Leben hier â ein wilder Mix aus Forschung, Freiheit und Faszination. Ein âverrĂŒckter Professorâ, wie er sich selbst nennt, und dabei einer der coolsten Menschen, die ich je getroffen habe.
Etwa auf halber Strecke dann plötzlich: Polizeikontrolle.
Zwei Beamte winken uns heraus.
Simon bleibt gelassen â bis einer der Polizisten seinen FĂŒhrerschein genauer betrachtet.
Abgelaufen.
Und das mitten in der brasilianischen Provinz, bei 35 Grad im Schatten.
WĂ€hrend Simon und Lisa drauĂen mit den Polizisten verhandeln, sitzen Stella und ich im stickigen Bus. Der SchweiĂ lĂ€uft uns den RĂŒcken hinunter, die Luft steht still.
Ich sehe Stella an â sie wirkt ruhig, aber ihre HĂ€nde zittern leicht.
Also schlieĂen wir die Augen und tun das, was wir tun können:
Reiki schicken.
An die Situation, an Simon, an die Beamten â und an ein gutes Ende.
Nach einer gefĂŒhlten Ewigkeit kommen Lisa und Simon zurĂŒck.
Erleichterte Gesichter.
Die Kombination aus 20 Reais, Lisas Charme und ein bisschen universeller Energiearbeit hat die Wogen geglÀttet.
Simon darf nicht weiterfahren â aber Lisa ĂŒbernimmt das Steuer,
und so rollen wir, mit einem Schuss Adrenalin und viel GelĂ€chter, weiter gen SĂŒden.
Nach etwa vier Stunden erreichen wir endlich Peroba.
Und was uns dort erwartet, ist pure Magie.
Ein kleines Dorf am Meer, Kinder lachen, Menschen winken, alles wirkt offen, herzlich, friedlich.
Eine Art spontane âDorfdelegationâ empfĂ€ngt uns mit neugierigen Blicken und ehrlichem LĂ€cheln.
Kaum angekommen, springen Simon und ich mit Surfbrettern direkt in die Wellen.
Das Meer ist warm, schwarzblau im Abendlicht, und wir gleiten ĂŒber die aufleuchtende Gischt â
ein Moment reiner Freude, wild und frei.
WĂ€hrenddessen wird unser bestelltes Abendessen liebevoll zubereitet â
Fisch, Reis, Salat, frische FrĂŒchte.
Lisa und ich bringen noch einen Teil unseres Proviants zu Fabian, einem Freund von ihr,
der hoch oben auf einer 40 Meter hohen Klippe lebt â
ein einfaches, paradiesisches Leben, mit Blick auf das endlose Meer.
Der Aufstieg dorthin, stockfinster, steil, mit GepÀck,
ist ein echtes Abenteuer â aber oben weht der Wind weich und salzig,
und der Sternenhimmel ĂŒber uns ist grenzenlos.
Dann das Festessen:
Caipirinhas, Cerveja, frisch gebratener Fisch.
Ich bleibe bei Salat und Sucos â
seit drei Tagen ernÀhre ich mich im Zuge meiner bevorstehenden Reiki-Meister-Einweihung vegan.
Mein Körper fĂŒhlt sich klar, leicht, bereit.
SpÀter, gerade als wir glauben, der Tag könne nicht intensiver werden,
kommt doch noch einmal Aufregung auf:
Wir mĂŒssen alles packen, unser GepĂ€ck schultern und
einen Kilometer durch die Nacht laufen â
in völliger Dunkelheit,
nur mit Taschenlampen und Sternenlicht â
zu einer geheimnisvollen Bucht, die Lisa uns zeigen will.
Dort bauen wir unsere Zelte auf,
das Meer rauscht gleich neben uns,
und wir entzĂŒnden unser erstes Lagerfeuer.
In der Glut tanzen Funken,
und gleich daneben steht eine seltsame, von Wind und Wasser geformte Skulptur aus Stein,
unsere âHĂŒterin der Buchtâ.
Wir baden im Meer, lachen, schweigen,
sehen die Sterne ĂŒber uns funkeln.
Alles fĂŒhlt sich leicht und richtig an â
als hÀtte dieser Ort nur auf uns gewartet.
13.03.05 â Der Tag 3 nach meiner Einweihung
Strand, Meer, Sonne â Paradies!
Der Tag beginnt mit hellem Licht, warmem Wind und dem stetigen Rauschen der Wellen.
Die Luft schmeckt nach Salz und Freiheit, die Zeit verliert ihre Eile.
Wir sitzen in einem kleinen, improvisierten Strandrestaurant,
Tische aus Holz, bunte PlastikstĂŒhle, Musik irgendwo im Hintergrund.
Dort lernen wir Jan aus Berlin kennen â
ein sympathischer Typ mit sonnengegerbtem Gesicht und diesem entspannten LĂ€cheln,
das nur Menschen haben, die schon lange unterwegs sind.
Wir plaudern ĂŒber Berlin und Brasilien, ĂŒber GegensĂ€tze, ĂŒber Leichtigkeit,
ĂŒber die Kunst, sich treiben zu lassen.
Es fĂŒhlt sich an, als wĂŒrde das Meer die GesprĂ€che leiten.
Am Nachmittag sind wir wieder bei Fabian.
Er steht in seiner kleinen, offenen KĂŒche,
eine Glutstelle, etwas Rauch,
und zaubert daraus eine Delikatesse: Auberginen nach Nomadenart.
Rezept:
Auberginen ĂŒber offenem Feuer garen,
den weichen Inhalt herauslöffeln,
mit zerdrĂŒcktem Knoblauch, Salz und Pfeffer abschmecken.
Ein einfaches Gericht â und doch schmeckt es nach Erde, Sonne und WĂŒste.
Fabian erzÀhlt, dass er das Rezept von Nomaden in der Sahara gelernt hat,
bei denen er eine Zeit lang lebte.
In seiner Stimme liegt etwas von jener Ruhe,
die Menschen bekommen, die das Wandern als Lebensform gewÀhlt haben.
WĂ€hrend wir essen, taucht âMona-Lisaâ auf â
eine winzige, junge Katze, die sofort alle Herzen gewinnt.
Sie schnurrt, spielt, und wirkt, als gehöre sie zu diesem Ort,
als wÀre sie der stille Schutzgeist von Fabians Klippe.
SpÀter kommt ein junger Mann aus dem Dorf zu uns.
Er ist vielleicht zwanzig, freundlich, etwas verlegen.
Er sucht Rat â erzĂ€hlt, dass er mit seiner Freundin geschlafen hat,
drei Tage vor ihrer Menstruation, ohne VerhĂŒtung,
und jetzt fĂŒrchtet, sie könne schwanger sein.
Wir hören zu, versuchen, ruhig zu erklÀren, zu beruhigen.
Ein Moment, in dem NÀhe und Vertrauen zwischen völlig Fremden entsteht.
Als die Sonne untergeht, kehren wir zu unserer Bucht zurĂŒck.
Wieder entzĂŒnden wir ein Lagerfeuer â diesmal gelingt es perfekt.
Die Flammen tanzen, der Rauch zieht ins Dunkel,
und Stella bereitet einen Salat,
liebevoll, sorgfÀltig, mit den Zutaten, die wir vom Markt mitgebracht haben.
Lisa und ich haben ein wenig vorgearbeitet â diesmal lĂ€uft alles harmonisch.
Wir sitzen im Kreis, barfuĂ im Sand,
essen, lachen, hören das Meer.
Ăber uns ein Himmel voller Sterne,
unter uns die warme Erde.
Kurz gesagt:
Strand, Meer, Sonne, Paradies.
Und eine Aussicht von Fabians Haus,
die sich anfĂŒhlt wie ein Versprechen â
weiterzugehen, leicht, verbunden, lebendig.
14.03.05 â Der Tag 4 nach meiner Einweihung
Ruhiger Tag
Der Morgen beginnt gelassen â das Meer atmet leise, die Sonne ist noch mild.
Lisa und ich ziehen uns in âunsere Höhleâ zurĂŒck,
die sich in der Felswand unserer Bucht öffnet.
Mittags ist es dort angenehm kĂŒhl,
eine natĂŒrliche Zuflucht vor der tropischen Hitze.
Die WÀnde sind glatt und salzig, das Licht fÀllt gedÀmpft hinein.
Man hört nur das Meer, das rhythmisch gegen die Felsen schlÀgt.
Nach einem Bad im Wasser â
glasklar, schimmernd, voller Lebendigkeit â
machen wir uns spÀter mit Jan und Stella
auf zu einem Spaziergang in den Nachbarort.
Der Weg fĂŒhrt am Strand entlang,
der Wind trÀgt den Geruch von Algen und Feuerstellen.
Wir essen etwas Kleines â einfache, ehrliche KĂŒche,
dazu kalter Saft, der sĂŒĂer schmeckt als jeder Wein.
Am Abend zieht es uns wieder zu Fabian.
Er begrĂŒĂt uns wie immer mit seinem typischen LĂ€cheln
und seinem Lieblingssatz: âItâs amazing!â
Und wirklich â alles, was er erzĂ€hlt, klingt danach.
Geschichten aus seinem bunten Leben,
von Reisen durch Afrika, SĂŒdamerika, WĂŒsten, Inseln, StĂ€dten,
von Menschen, die kommen und gehen,
von Momenten, die sich im GedÀchtnis festsetzen wie Muscheln im Sand.
Gegen sechs Uhr geschieht, was hier jeden Tag geschieht â
das Licht verschwindet.
Plötzlich, ohne Ăbergang, ist es stockdunkel.
Doch mit der Dunkelheit kommt Magie:
Ein Sternenhimmel, so klar, dass man glauben könnte,
das Universum atmet direkt ĂŒber uns.
Der RĂŒckweg zur Bucht ist ein kleines Abenteuer.
Kein Licht, nur Sterne, Wind und Wellenrauschen.
Als wir ankommen, sitzt Lisa mit einem Fischer am Lagerfeuer,
sie essen frisch gefangenen Fisch,
das Feuer spiegelt sich in ihren Gesichtern.
Wir legen Kartoffeln in Alufolie dazu,
lassen sie in der Glut garen â einfach, duftend, perfekt.
Stella und ich hatten zuvor in Jans Pousada geduscht â
und lachen immer noch ĂŒber das GefĂŒhl,
endlich wieder echtes SĂŒĂwasser auf der Haut zu spĂŒren.
Ein kleiner Luxus nach Tagen von Salz und Sonne.
Lisa sitzt noch ĂŒber ihren Notizen.
Sie hat den ganzen Tag damit verbracht,
die Einweihungsrituale vom Portugiesischen ins Deutsche zu ĂŒbersetzen.
Ihre SchriftzĂŒge sehen aus wie feine Energielinien,
als wĂŒrde sie schon jetzt etwas Heiliges weitertragen.
So endet der Tag â ruhig, klar, erfĂŒllt.
Nichts Besonderes, und doch alles.
Nur das Meer, der Himmel, das Feuer â
und das stille GefĂŒhl, genau dort zu sein,
wo man sein soll.
15.03.05 â Der Tag 5 nach meiner Einweihung
Ein Morgen bei Fabian
Der Tag beginnt mit dem Duft von gebratenem Toast und dem leisen Rauschen des Meeres.
Fabian steht barfuĂ in seiner kleinen KĂŒche, eine alte Pfanne auf dem Feuer,
und brĂ€t darin einfaches Toastbrot, das er anschlieĂend mit Honig betrĂ€ufelt.
Ein schlichtes FrĂŒhstĂŒck â und doch: himmlisch.
Vielleicht liegt es an der Luft, vielleicht an Fabians unerschĂŒtterlicher Lebensfreude.
WÀhrend wir essen, erzÀhlt er wieder aus seinem Leben:
von San Francisco â âwonderful!â â,
von New Orleans â âitâs amazing!â â,
und von Orten, deren Namen schon nach Fernweh klingen.
Er lacht viel, gestikuliert mit den HĂ€nden,
und ich denke, dass in seinen Geschichten mehr Wahrheit liegt als in jedem ReisefĂŒhrer.
Fabian muss bis Donnerstag nach Fortaleza fahren,
doch er sagt, wir dĂŒrfen in der Zeit gerne sein Haus nutzen.
Ein groĂzĂŒgiges Angebot â typisch Fabian.
Gleich nebenan zeigt mir Lisa ein altes, halb verfallenes Haus mit GrundstĂŒck.
Eher eine Ruine, mit WĂ€nden, die den Atem des Windes durchlassen.
Und doch â dort liegt etwas. Eine Energie, ein stilles Versprechen.
Das GrundstĂŒck steht zum Verkauf, 25.000 Reais.
Wir stehen eine Weile schweigend davor,
und dann beginnen wir zu trÀumen:
Ein Reiki-Zentrum.
Ein Ort des Lichts, der Heilung, am Meer.
Ein Raum, in dem Menschen ankommen, zur Ruhe kommen, sich erinnern.
FĂŒr einen Moment ist es, als wĂ€re dieser Traum schon Wirklichkeit.
SpÀter verbringen Lisa und Stella den Tag mit Jan und Sebastian,
noch ein Berliner, laut, herzlich, trinkfest â
âlacht wie eine Robbe, sĂ€uft wie ein Lochâ, denke ich schmunzelnd.
Sebastian, der Weltenbummler, erzĂ€hlt von Nigeria, Indien, Venezuela â
von Begegnungen, MĂ€rkten, Musik, Hitze.
Ein Mensch, der das Leben so lebt, wie es kommt.
Ich bleibe an der Bucht,
mache ein paar Fotos,
setze mich in unsere Höhle und meditiere.
Das Meer rauscht, die Sonne malt goldene Streifen auf den Sand,
und fĂŒr einen Moment verschwinden Zeit und Gedanke.
Nur Atem, Klang, Sein.
SpĂ€ter, als die Sonne sinkt, spielen wir FuĂball â
mit Sebastian und den Dorfkindern.
Der kleine Evo, acht Jahre alt, ist unser âSpecial-Abstauberâ.
Er lacht, jubelt, rennt â barfuĂ, frei, voller Leben.
Am Abend wieder ein Festessen â
Sucos fĂŒr mich, Caipis und Cerveza fĂŒr Lisa und Stella.
Die Stimmung ist warm, lebendig, fast familiÀr.
Lu, eigentlich Lu Ma da Sil, spielt mit mir ein Sprachspiel:
deutsches Wort â portugiesisches Wort â Lachen dazwischen.
Sie ist von fast filmischer Schönheit,
ihre Augen funkeln, ihre Stimme klingt wie Musik.
Ein Flirt liegt in der Luft, leicht, verspielt, neugierig.
Stella sitzt mit den Kindern zusammen
und malt Transparente fĂŒr die Kirche âMaria, Mutter Gottesâ.
Ostern steht vor der TĂŒr â das wichtigste Fest des Jahres hier,
und das Dorf scheint in einer besonderen Erwartung zu leben.
Glauben, Musik, Gemeinschaft â alles flieĂt ineinander.
Gegen 22:30 Uhr, unter einem Sternenhimmel, der fast unwirklich wirkt,
machen wir uns auf den RĂŒckweg.
Kein Licht, nur Dunkelheit, Wind und das ferne Rauschen der Wellen.
Der Weg fĂŒhrt uns zu unseren Zelten,
und in dieser Nacht, zwischen Himmel und Erde,
fĂŒhlt sich alles vollkommen an.
16.03.05 â Der Tag 6 nach meiner Einweihung
Letzter Tag in Peroba
Wir beschlieĂen, morgen weiterzuziehen â und so wird dieser Tag zu einem stillen Abschied von einem Ort, der uns alle verzaubert hat.
Peroba, das kleine Paradies am Meer, fĂŒhlt sich an wie eine Oase auĂerhalb der Zeit.
Ich stehe wie jeden Morgen frĂŒh auf â 05:30 Uhr â, wenn das Licht erst zaghaft ĂŒber das Meer steigt.
Die Luft ist kĂŒhl, die Wellen ruhig, und das Rauschen klingt wie ein Atem.
Ich setze mich in den Sand, schlieĂe die Augen und höre meine CD zum Reiki-MeisterschlĂŒssel.
Diese Minuten zwischen Nacht und Tag sind heilig.
Ein Raum, in dem sich alles verbindet â Klang, Atem, Licht und das Meer.
Stella hat beschlossen, in die kleine Pousada zu ziehen,
die Jan nach seiner Abreise leer hinterlassen hat.
âIch kann unmöglich noch lĂ€nger auf diesem harten Boden schlafen!â,
sagt sie mit gespieltem Ernst â und ich kann sie gut verstehen.
Sie zieht um, und ein Teil von mir lÀchelt,
weil jeder von uns auf seine Weise Komfort sucht â
sie in einem Bett, ich in der Stille des Morgens.
SpĂ€ter am Tag ĂŒbe ich mit Lisa zum ersten Mal die Einstimmungen in die verschiedenen Reiki-Grade.
Ein besonderer Moment.
Ihre Bewegungen sind ruhig, prÀzise, selbstverstÀndlich.
Ich folge, spĂŒre, lerne.
Es ist weniger ein Tun als ein Erkennen â
eine Verbindung, die sich öffnet, nicht erklÀrt.
Am Nachmittag kommt Lu,
und wir gehen zwei Stunden am Strand entlang.
Sie lacht viel, redet schnell,
und ich lerne mit jedem Schritt neue portugiesische Wörter.
Pedra = Stein
Boca = Mund
Ăgua = Wasser
Hora = Stunde
Sol = Sonne
Branco = WeiĂ
Und noch mehr: Lippen, Nase, Augen, Ohren, Sand, Gelb, GrĂŒn.
Am Ende des Spaziergangs sage ich scherzhaft:
âIch bin jetzt fast ein halber Brasilianer.â
Lu lacht, und ihre Augen glÀnzen wie das Meer.
Als die Sonne untergeht, spĂŒre ich ein stilles Ziehen im Herzen.
Der letzte Abend an diesem Ort,
der fĂŒr mich mehr war als nur ein Zwischenstopp.
Hier ist etwas passiert â kaum greifbar, aber spĂŒrbar.
Ein StĂŒck Heilung, ein StĂŒck Erwachen.
Morgen ziehen wir weiter.
Doch Peroba, das Lachen, die Wellen, die Menschen,
werden bleiben â als warmer Klang im Herzen.
17.03.05 â Der Tag 7 nach meiner Einweihung
Ein Tag voller Licht und Leichtigkeit
Der Morgen beginnt ruhig â das Meer glitzert im frĂŒhen Sonnenlicht,
die Luft ist weich, der Wind schmeckt nach Salz und Neuanfang.
Ich gleite ins Wasser, lasse mich treiben,
spĂŒre, wie jede Welle mich klarer macht.
Ein reinigendes Morgenbad, wie ein Ritual.
AnschlieĂend steige ich den kleinen Berg unserer Bucht hinauf.
Von dort oben hat man eine atemberaubende Aussicht â
die endlose Weite des Atlantiks, das Gold der Sonne auf dem Wasser.
Dort meditiere ich mit dem Reiki-MeisterschlĂŒssel.
Ein Moment, der still und kraftvoll zugleich ist â
als wĂŒrde das Universum einen Atemzug lang innehalten.
Beim FrĂŒhstĂŒck in der Pousada duftet es nach Kaffee, FrĂŒchten und frischem Brot.
Stella behandelt einen kleinen Jungen mit Reiki,
konzentriert, ruhig, liebevoll.
Ich selbst lege spÀter die HÀnde auf Lu,
die ĂŒber Kopf- und Halsschmerzen klagt.
Schon nach wenigen Minuten wirkt sie entspannter,
lĂ€chelt und sagt leise: âAgora melhor.â â âJetzt besser.â
Danach ziehen Lisa und ich uns in unsere Höhle zurĂŒck.
Ein vertrauter Ort â kĂŒhl, geschĂŒtzt, erfĂŒllt von dieser besonderen Energie.
Wir ĂŒben wieder die Einweihungen,
doch diesmal ist es anders:
Ich darf Lisa einweihen.
Es ist ein feierlicher Moment, still und voller Vertrauen.
Ich spĂŒre, wie sich etwas in mir öffnet â
eine neue Sicherheit, eine neue Tiefe.
SpĂ€ter gehe ich zurĂŒck zu Stella in die Pousada.
Lu bittet erneut um Reiki,
und ich wiederhole die Behandlung.
Danach sitzen Stella und ich am Strand,
zwei StĂŒhle im Sand, die FĂŒĂe im Wasser.
Sie liest âBriefe in die chinesische Vergangenheitâ von H. Rosendorfer,
das Buch, das Jan ihr geliehen hat.
Ich höre Annett Louisan auf meinem Discman,
und fĂŒr eine Weile ist alles vollkommen.
Meine Gedanken wandern nach Berlin,
zu Wuselchen und ihrem kleinen Sohn Schnuffchen.
Ich merke, wie fern mir das alles scheint â
und gleichzeitig, wie verbunden ich mich fĂŒhle.
Komisch, wie die Zeit hier vergeht:
Vor der Reise schien Brasilien endlos weit,
jetzt fliegt jeder Tag wie ein warmer Wind davon.
SpÀter erfahre ich beilÀufig,
dass Lu mit Sebastian liiert ist â
das erklÀrt einiges,
und macht manches komplizierter.
Trotzdem bleiben die Begegnungen herzlich.
Es gibt Guaven-Saft, frisch gepresst und sĂŒĂ.
Lu und ihre Tochter Ana spielen lachend Beachball,
und ich liege derweil in der HĂ€ngematte vor Stellas Pousada,
lasse mich schaukeln, gebe mir selbst Reiki
und höre dem Meer zu.
Am Nachmittag kehrt Lisa zurĂŒck â
auf dem Motorrad, mit âKaiâ,
beide vollgepackt mit TĂŒten.
NatĂŒrlich war sie shoppen.
Gegen Abend wieder Training in unserer Höhle â
Einweihungspraxis, Atmung, Stille.
Alles flieĂt.
Dann kommt die Nacht.
Wir sitzen mit Lu und Sebastian am Lagerfeuer,
der Himmel voller Sterne,
die Flammen tanzen.
Es wird viel gelacht.
Papaya liegt auf dem Grill,
und spĂ€ter gibt es âPapaya-Keksâ,
nach einem Rezept von Fabian â
sĂŒĂ, leicht karamellisiert, einfach göttlich.
Irgendwann steht fest:
Wir werden nach Rio fliegen,
statt zwei Tage im Bus zu verbringen.
Ein weiser Entschluss â Zeit ist hier kostbarer als Geld.
Zum Abschluss dieses friedvollen Tages schlafen Lisa und ich in unserer Höhle.
Der Fels atmet Stille, das Meer wiegt uns in den Schlaf.
Ein Tag voller Licht, Begegnung, WĂ€rme â
und das GefĂŒhl, dass alles genau richtig ist, so wie es ist.
18.03.05 â Der Tag 8 nach meiner Einweihung
Der Tag des Sturms und der Maschinengewehre
Der Tag beginnt dramatisch: 6:00 Uhr â Regen!
Nicht einfach Regen, sondern ein tropischer Wolkenbruch, wie er nur hier fallen kann â laut, warm, erbarmungslos. Innerhalb von Sekunden ist alles durchnĂ€sst. Lisa und ich stĂŒrzen aus den Zelten, retten Decken, SchlafsĂ€cke, Kleidung. Es ist ein heilloses Durcheinander â und gleichzeitig wunderschön.
Als alles halbwegs in Sicherheit ist, schauen wir uns an, lachen â und springen nackt ins Meer.
Der Regen peitscht auf die OberflÀche, das Wasser ist warm, fast körperlich.
Wir schwimmen, toben, genieĂen dieses wilde, kindliche GlĂŒck.
Ich trage Lisa durch die Wellen, und zwischen Lachen und Salzgeschmack entsteht ein Moment stiller NĂ€he.
Wir reden ĂŒber Reiki, ĂŒber Energie, ĂŒber Wahrnehmung.
Und dann gleiten unsere Gedanken in die Philosophie:
âVielleicht ist das alles hier nur eine Illusion? Eine Matrix? Ein göttliches Computerprogramm?â
Wir lachen â und glauben es fast.
SpĂ€ter am Tag macht sich Sehnsucht breit: Lisa spricht offen ĂŒber Joao, ihren Reiki-Lehrer.
Ich sehe, dass sie ihn vermisst, nicht nur als Lehrer, sondern als Verbindung zu etwas Tieferem.
Der Nachmittag wird ruhig, fast meditativ.
Ich gehe mit Stella einen langen Spaziergang am endlosen Strand.
Wir kraxeln auf Felsen, klettern barfuĂ durch scharfkantigen Sand,
und stehen irgendwann ganz oben, ĂŒber allem, mit einer grandiosen Aussicht.
Wind, Sonne, Meer â alles verschmilzt.
SpÀter spiele ich mit Lu und ihrer Tochter Ana Beachball.
Sebastian gesellt sich dazu, in seiner legendÀren hellblauen Badehose,
die inzwischen fast zum Symbol seiner Persönlichkeit geworden ist.
Wir lachen, trinken Kokosmilch und Suco de Acerola.
Und ich denke: So fĂŒhlt sich das Paradies an.
Abends wollen wir in die Dorfdisco â mit Lu, ihrem Bruder und Sebastian.
Wir machen uns fertig, lachen viel, die Sonne ist lÀngst verschwunden.
Doch dann: das Chaos.
Sebastian sitzt mit drei Brasilianern, Lisa und Stella in seinem Zimmer â und trinkt, wie jeden Abend.
Ein brasilianischer Vater, der mit seiner Frau und seinem Kind in der Pousada wohnt,
fĂ€hrt plötzlich seinen Jeep direkt ĂŒber den gepflegten Rasen.
FĂŒr Sebastian ein Sakrileg.
Er explodiert, beschimpft den Mann wĂŒst â laut, unĂŒberlegt, betrunken.
Ein Wort gibt das andere, und plötzlich ist alles auĂer Kontrolle.
Die Familie zieht wĂŒtend aus â und droht mit Konsequenzen.
Ich spĂŒre, wie sich die Energie verĂ€ndert.
Etwas Unruhiges liegt in der Luft.
Meine Intuition flĂŒstert: Das gibt Ărger.
Und sie behÀlt recht.
Kurz nachdem wir gegessen und uns âDisco-feinâ gemacht haben,
sitze ich mit Lisa, Lu und ihrem Bruder noch gemĂŒtlich am Tisch â
da taucht der brasilianische Vater wieder auf.
Diesmal nicht allein.
Hinter ihm: 15 Polizisten mit Maschinengewehren.
Sie stĂŒrmen das GelĂ€nde, Lichter, Stimmen, Befehle.
Mir friert das Blut in den Adern.
Ich denke: Na bravo. Jetzt legen sie uns alle um.
Wir verstehen kaum ein Wort, nur Fetzen, Blicke, Druck.
Die Gesichter der Polizisten sind ernst, entschlossen.
Lisa flĂŒstert leise, ĂŒbersetzt, was sie kann.
Fa, die Herbergsmutter, bleibt erstaunlich ruhig.
Sie spielt ihre Rolle perfekt:
Sebastian sei abgereist, sagt sie.
Sie wisse nicht, woher er komme.
Und wir? Wir seien keine GÀste, nur zufÀllig hier.
WĂ€hrenddessen sitzen wir still,
und schicken Reiki â intensiv, fokussiert, bittend.
Energie flieĂt, Herz zu Herz, in alle Richtungen.
Ich spĂŒre eine seltsame Ruhe zwischen all der Angst.
Ein Polizist fragt Lisa, wer wir seien,
woher wir kÀmen, wie lange wir blieben.
Fa behauptet, Sebastian habe abgeschlossen,
sie habe keinen SchlĂŒssel.
Die Polizisten glauben ihr offenbar â
und beschrÀnken sich auf scharfe Worte.
Sie drohen, am nĂ€chsten Morgen um sieben zurĂŒckzukommen,
um Sebastian zu verhaften.
Dann â einfach so â ziehen sie ab.
Kein Schuss, kein Durchsuchen, kein Blut.
Nur das Nachbeben, die gespannte Stille,
und das Bewusstsein, wie nah Angst und Gnade beieinander liegen.
Ich bin sicher: Reiki hat seinen Teil getan.
Von Disco ist natĂŒrlich keine Rede mehr.
Die Nacht liegt schwer, still, und irgendwie heilig ĂŒber allem.
Stella geht in die Pousada, um zu schlafen.
Lisa und ich bleiben noch lange am Strand,
sehen die Sterne ĂŒber uns, unendlich klar,
und lassen das Meer die Reste der Aufregung forttragen.
Dann gehen wir in unsere Höhle â
unseren stillen Zufluchtsort.
Nur das Rauschen der Wellen bleibt.
Und das Wissen: Wir sind beschĂŒtzt.
19.03.05 â Der Tag 9 nach meiner Einweihung
Der Tag der PrĂŒfungen und kleinen Wunder
Der Regen weckt uns frĂŒh am Morgen.
Er trommelt sanft, aber stetig auf die Zeltplane,
als wolle er sagen: âAufstehen, heute wird ein besonderer Tag.â
Wir retten eilig alles, was trocken bleiben soll,
verstauen Kleidung, Decken, Taschen â und springen dann ins Meer.
Das Wasser ist warm, der Regen kĂŒhl â eine eigenartige, schöne Mischung.
Stella bleibt am Strand. Sie ist krank â Durchfall, matt, erschöpft.
Ihr Gesicht ist blass, aber sie versucht zu lÀcheln.
Ich spĂŒre, dass ihre Energie erschöpft ist.
Am Strand treffen wir Fabian, der mit seiner Schwester, deren Freund
und einer chinesischen Freundin gekommen ist.
Eine bunte, fröhliche Gruppe.
Wir baden zusammen, lachen, lassen uns treiben.
Das Meer scheint jede Anspannung zu verschlucken,
zumindest fĂŒr eine Weile.
Lisa bleibt am Strand liegen,
sonnt sich in der feuchten Luft,
wÀhrend ich spÀter zur Pousada der Familie von Fa, unserer Herbergsmutter, gehe.
Ich sitze mit Stella am FrĂŒhstĂŒckstisch,
versuche sie mit Sucos und Toast zu stÀrken,
als plötzlich wieder diese vertraute, beklemmende Energie in der Luft liegt.
Die Polizei ist zurĂŒck.
Zehn Mann diesmal.
Uniformen, ernste Gesichter, Waffen â
die Stimmung kippt augenblicklich.
Sie verhören Fa, stellen viele Fragen.
Ich verstehe kaum etwas,
doch die Körpersprache ist unmissverstÀndlich: Druck, Kontrolle, Misstrauen.
Stella und ich sitzen still,
versuchen uns unsichtbar zu machen.
Mein Herz schlÀgt schneller,
und wieder schicken wir Reiki â leise, konzentriert, hoffend.
Und wieder â wie durch ein Wunder â ziehen sie schlieĂlich ab.
Ohne LĂ€rm, ohne Gewalt.
Nur das GefĂŒhl bleibt: Wir sind schmal an etwas vorbeigegangen.
Der Tag hellt sich auf.
Ich verbringe den Nachmittag mit Lu, Ana und vier weiteren Dorfkindern.
Wir baden, spielen Beachvolleyball, lachen.
Das Leben kehrt zurĂŒck â leicht, warm, friedlich.
Doch Stella geht es immer schlechter.
Ich behandle sie mit Reiki,
fĂŒhle, wie die Energie flieĂt,
und gemeinsam mit Lisa erstelle ich einen Behandlungsplan fĂŒr sie.
Atem, HĂ€nde, Ruhe.
Dann geschieht etwas, das mich tief berĂŒhrt:
Ich entdecke eine kleine Fledermaus,
die am Boden liegt â
zitternd, fiepend, kurz vor dem Sterben.
Sie wirkt voller Angst.
Ich knie mich hin, lege eine Hand ĂŒber sie,
und beginne, Reiki zu senden.
Fast augenblicklich wird sie ruhig.
Ihr Atem flacht ab,
ihr kleiner Körper entspannt sich â
und sie stirbt.
Friedlich.
Es sieht fast so aus, als lÀchle sie.
Ein stilles, mystisches Erlebnis,
das auch die anderen tief bewegt.
Am Abend kehrt Sebastian zurĂŒck.
Er will sich der Polizei stellen.
Mutig, vielleicht auch ein bisschen naiv,
aber mit dem festen Willen, alles zu klÀren.
Lu, ihr Bruder, Fa und Lisa begleiten ihn zur Wache.
Mit Hilfe eines Anwalts und â wie man hier sagt â
âeiner kleinen Spendeâ
wird die Angelegenheit geregelt.
Als sie zurĂŒckkehren, herrscht groĂe Erleichterung.
Sebastian darf bleiben,
zieht wieder in seine Pousada.
Doch kaum löst sich ein Knoten,
zieht sich der nÀchste zu:
Jetzt ist Lisa krank â
Fieber, SchĂŒttelfrost, Kopfschmerzen.
Fast 39 Grad.
Ich wechsle zwischen den Zimmern:
Stella in der einen, Lisa in der anderen.
Beide liegen matt,
und ich behandle sie im Wechsel mit Reiki,
reibe Stirnen, spreche ruhig, tröste, atme.
Sebastian ĂŒberlĂ€sst Lisa ritterlich sein Bett
und schlÀft selbst in der HÀngematte.
Ich bleibe wach bis halb eins,
in meiner eigenen HĂ€ngematte vor Stellas TĂŒr.
Die Nacht ist still, feucht und schwer.
Dann gehe ich zurĂŒck zur Bucht,
durch die Dunkelheit,
allein, aber nicht einsam.
Im Zelt höre ich das Meer,
fĂŒhle den Regen in der Luft
und denke:
Das Leben hier ist wie Reiki selbst â
mal Sturm, mal Stille,
mal PrĂŒfung, mal Wunder.
18.03.05 â Der Tag 10 nach meiner Einweihung
Die Nacht der Fluten und der Samba
Drei Uhr morgens. Regen. Erst sanft, beinahe romantisch. Dieses beruhigende Trommeln auf der Zeltplane, das GefĂŒhl von Geborgenheit mitten im Sturm. Ich liege da, dösend, halbwach, halbtrĂ€umend.
Dann wird das GerÀusch lauter.
Intensiver.
Und plötzlich kommt ein neues dazu â ein tiefes, grollendes Rauschen,
wie ein Fluss, der flieĂt.
Ich begreife zu spÀt, dass das kein Traum ist.
Ich sitze in einem reiĂenden Strom, mitten in der Nacht,
der Regen peitscht, das Wasser schieĂt unter dem Zelt hindurch.
Alarmstufe Rot!
Alles geht blitzschnell: RucksĂ€cke, Decken, SchlafsĂ€cke, Taschen â
alles muss raus, hoch, in Sicherheit.
Siebenmal klettere ich den steilen Hang hinauf,
in völliger Dunkelheit, barfuĂ, klatschnass.
Das Wasser strömt, der Wind tobt,
und ich balanciere mit meinen Habseligkeiten durch Schlamm und Felsen,
bis hinauf zum schĂŒtzenden âReiki-Hausâ â
unserer Ruine, unserer Vision eines kĂŒnftigen Reiki-Zentrums.
Das schwierigste StĂŒck ist Lisas groĂes Zelt.
Es wirkt im Sturm wie ein Segel â
ein störrisches, flatterndes Biest aus Stoff.
Ich kĂ€mpfe dagegen an, fluche, lache, stolpere â und schaffe es.
Vier Stunden bleibe ich im âReiki-Hausâ,
eingehĂŒllt in Dunkelheit, Wind und Regen,
wĂ€hrend drauĂen der Tropensturm tobt.
Gegen sieben Uhr morgens trage ich die letzten Sachen zu Fabians Haus.
Ich bin völlig durchnĂ€sst, erschöpft â aber glĂŒcklich, dass alles gerettet ist.
In der Pousada schlummern Lisa und Stella friedlich,
als wÀre die Welt völlig in Ordnung.
Sie haben nichts von der nÀchtlichen Katastrophe mitbekommen.
Ich muss lachen.
ZurĂŒck bei Fabian gibt es Belohnung:
Toast aus der Pfanne, warm und knusprig,
mit Babanouga â einer Paste aus Auberginen,
ein Rezept der Beduinen aus der WĂŒste.
Der Geschmack? Himmlisch.
Fabian kommentiert, wie immer, mit seinen Klassikern:
âItâs amazing!â,
âI hate Bielefeld!â,
âHamburg is great!â,
âBerlin is great!â
Ich lache und denke: Er ist wirklich ein Original.
SpÀter breiten wir alle nassen Sachen im Garten aus,
Sonnenstrahlen trocknen, was der Sturm durchnÀsst hat.
Das Leben kehrt zurĂŒck.
Dann winkt mich Lu zu sich ins Haus.
Ihre Tochter Ana sitzt am Tisch und will,
dass ich ihr helfe, aus Papier einen Schwan zu falten.
Das Ergebnis ist â sagen wir â eher ein Kunstwerk der Fantasie.
Aber Lu lacht, holt einen alten Kassettenrekorder,
legt Samba-Musik ein,
und plötzlich tanzen sie beide durchs Wohnzimmer.
Sie fordern mich auf mitzumachen â
und ehe ich mich versehe, tanze ich Samba mit zwei Brasilianerinnen.
Ana tanzt mit solcher Hingabe,
dass mir das Herz aufgeht.
Dann kommt auch Lisa dazu â und tanzt mit.
Eine spontane Wohnzimmerparty!
Lachen, Musik, Leben.
Danach wieder Beachvolleyball, Sonne, Bewegung, Freude.
Lisa und Stella fĂŒhlen sich inzwischen besser,
auch wenn Lisas Energie noch schwankt.
Am Nachmittag fĂ€hrt sie in die nĂ€chstgröĂere Stadt,
um FlĂŒge nach Rio zu buchen.
Als sie zurĂŒckkehrt, ist sie erschöpft â
40 Grad Fieber, SchĂŒttelfrost, Kopfschmerzen.
Die FlĂŒge sind auĂerdem unbezahlbar.
Also beginnt meine Schicht als Dr. Brinkmann von Brasilien:
Ich wechsle stÀndig zwischen Lisas und Stellas Zimmer,
behandle abwechselnd beide mit Reiki,
höre zu, tröste, kĂŒhle Stirnen.
Lisa ist launisch, Stella gereizt â
ein spannendes Doppel aus Drama und Genesung.
Am Abend wird es wieder friedlicher.
Ich sitze mit Fa, Lu und Ma (Lus Bruder) zusammen
und bringe ihnen das ZĂ€hlen in verschiedenen Sprachen bei â
Deutsch, Englisch, Französisch, Finnisch und TĂŒrkisch.
Wir lachen ĂŒber meine Ausspracheversuche auf Portugiesisch,
ĂŒber ihre ĂŒbertriebenen deutschen âRrrrâ-Laute.
Sebastian muss am nÀchsten Morgen nach Fortaleza,
um seinen Pass zu verlÀngern,
und Lisa will mitfahren, um die FlĂŒge direkt zu buchen.
Ich liege spÀter in der HÀngematte,
sehe die Sterne durch die PalmenblÀtter,
atme das Salz des Meeres,
gebe mir selbst Reiki.
Dann schlafe ich schlieĂlich bei Stella,
friedlich, erschöpft,
mit dem GefĂŒhl,
dass selbst Chaos und Regen
in Brasilien irgendwie göttlich sind.
18.03.05 â Der Tag 13 nach meiner Einweihung
Die RĂŒckkehr nach Fortaleza â und die Nacht des Fiebers
03:50 Uhr.
Der Wecker klingelt, und Stella steht sofort auf â erstaunlich wach fĂŒr diese Uhrzeit.
Ich selbst bewege mich langsamer, noch halb im Traum, halb in der feuchten WĂ€rme der Nacht.
Wir mĂŒssen um 05:20 Uhr den Bus erwischen, doch vom Rest des Hauses ist nichts zu hören.
Alles schlÀft.
Sebastian, der einzige Held dieser Stunde, begleitet uns zur Haltestelle.
So stehen wir um 04:55 Uhr im DĂ€mmerlicht,
mit unseren RucksĂ€cken, mĂŒden Gesichtern und einem Hauch Wehmut.
âDanke, Stellaâ, sage ich lachend,
denn sie hat uns viel zu frĂŒh losgeschickt.
Der Bus kommt schlieĂlich 05:30 Uhr â
klapprig, alt, aber zuverlÀssig.
Er bringt uns nach Aracati, vorbei an Palmen, SanddĂŒnen,
kleinen Dörfern, in denen der Tag gerade erwacht.
Von dort steigen wir um in den Bus nach Fortaleza â
Abfahrt 07:00 Uhr, Ankunft 11:10 Uhr.
Die Landschaft fliegt an uns vorbei,
und mit jedem Kilometer fĂŒhle ich,
wie sich die Stille von Peroba weiter entfernt.
In Fortaleza empfÀngt uns die Stadt laut, heià und geschÀftig.
Ein Taxifahrer winkt uns heran,
wir handeln 15 Reais aus â
und lassen uns zu âunseremâ deutschen Restaurant an der Beira Mar bringen.
Vorher noch ein Zwischenstopp im Internet-CafĂ© â
endlich wieder Verbindung zur Welt!
Wir schicken Nachrichten, rufen ĂŒber Skype an,
denn in Peroba gab es nicht einmal Handynetz.
FĂŒr alle daheim mĂŒssen wir wohl wie verschollen gewirkt haben.
Der Taxifahrer drĂŒckt uns zum Abschied eine Visitenkarte in die Hand â
eine Empfehlung fĂŒr eine Pousada.
Wir nehmen sie dankbar an.
Im Restaurant essen wir Spaghetti â
nach Wochen von Reis, Fisch und tropischen FrĂŒchten
fĂŒhlt sich das fast wie Luxus an.
Wir lernen Thomas, den GeschĂ€ftsfĂŒhrer,
und Johannes, einen deutschen Auswanderer, kennen.
Johannes versucht uns, ein Hotelzimmer zu besorgen,
doch alles ist belegt.
Also fahren wir mit einem weiteren Taxi
zur Pousada von der Visitenkarte.
45 Reais.
Kein Luxus, kein Meerblick,
eher die rustikale Schwester der Salvador-Unterkunft â
aber nach so vielen UmzĂŒgen sind wir dankbar fĂŒr ein Bett.
SpÀter sitzen wir am Strand,
trinken frische Kokosnussmilch,
sehen auf das Meer, das uns so lange begleitet hat.
Doch in mir zieht sich etwas zusammen.
Mir wird kalt.
Erst ein leichtes Frösteln,
dann SchĂŒttelfrost.
Dann kommt das Fieber â hoch, brennend, unerbittlich.
Der Körper bebt, der Magen rebelliert.
Ich weiĂ sofort: Jetzt hat es mich erwischt.
Stella wird zur Pflegerin, zum Engel.
Sie bleibt bei mir,
liest mir stundenlang vor aus âBriefe in die chinesische Vergangenheitâ von Herbert Rosendorfer,
mit dieser ruhigen, warmen Stimme,
die selbst das Fieber ein wenig mildert.
Als ich kaum mehr Kraft habe,
klebt sie sich einen Heilstein an die Hand
und sendet mir die ganze Nacht ĂŒber Reiki.
Ich fĂŒhle die Energie â sanft, beruhigend, wie Wellen unter der Haut.
Ich schwitze, zittere,
und zwischen Traum und Bewusstsein
höre ich Stella im Schlaf murmeln:
âIch weiĂ jetzt, was Ringelpips mit Anfassen heiĂt âŠâ
und spÀter:
âFĂŒr 15 Euro am Tag â ist ja doch verrĂŒckt.â
Ich muss trotz allem lÀcheln.
Irgendwann gegen Morgengrauen
ĂŒbermannt mich der Halbschlaf â
halb Traum, halb Fieber, halb Dankbarkeit.
Und bevor ich wegsinke, denke ich:
Was fĂŒr eine Reise â
zwischen Himmel, Chaos und Heilung.
18.03.05 â Der Tag 15 nach meiner Einweihung
RĂŒckkehr ins Leben â und nach Rio
Am nĂ€chsten Morgen fĂŒhle ich mich endlich besser.
Das Fieber ist verschwunden, der Kopf klarer â
nur der Magen rebelliert noch,
ein letzter GruĂ aus der tropischen Apotheke.
Das FrĂŒhstĂŒcksbuffet in der kleinen Pousada ist einfach,
aber nach der anstrengenden Nacht ein Fest:
frische FrĂŒchte, Brot, Kaffee, Saft.
Am Nebentisch sitzt ein junger DĂ€ne, vielleicht zwanzig,
sonnengebrÀunt, blond, Windsurfer.
Stella scheint ihn auf Anhieb faszinierend zu finden â
ihr Lachen ist lauter, ihr Blick heller als sonst.
Ich sehe sie aus dem Augenwinkel an und denke:
Das Fieber ist wohl wirklich vorbei.
SpĂ€ter schlendern wir gemĂŒtlich durch die StraĂen,
halten im Internet-Café,
schicken Nachrichten nach Hause,
holen ein StĂŒck NormalitĂ€t zurĂŒck.
Danach gehtâs weiter am Strand entlang, barfuĂ,
das Meer in Bewegung, die Sonne hell,
die Stadt lebendig wie ein eigenes Wesen.
Wir treffen wieder auf Johannes,
setzen uns zu ihm, trinken Coco- und Mango-Suco,
plaudern ĂŒber dies und das â
ĂŒber Brasilien, das Reisen, das Leben.
Dann zieht uns der Hunger wieder ins vertraute Terrain:
Spaghetti! Zum dritten Mal.
Man könnte sagen, die Reise steht unter dem kulinarischen Motto:
âPasta heilt alles.â
Am Strand taucht dann ein junger Mann auf,
mit PalmenblÀttern, geschickten HÀnden und einem strahlenden LÀcheln.
Er flechtet fĂŒr uns HĂŒte, grĂŒn und kunstvoll.
Zwei kleine Meisterwerke aus Natur und Charme.
Stella bemerkt begeistert,
dass er âverdammt gut aussiehtâ â
und behÀlt ihren Hut bis heute.
Mit unseren neuen Kopfbedeckungen spazieren wir spÀter zum Flughafen.
Und wer trÀgt dort auch einen Hut?
Lisa! Eine Melone â
und so stehen wir da, drei Reisende mit HĂŒten,
bereit fĂŒr den nĂ€chsten Abschnitt.
Im Flugzeug nach Rio de Janeiro geschieht etwas Besonderes:
Ich spĂŒre plötzlich eine Welle von WĂ€rme, Energie â
ein feines Pulsieren, das durch den ganzen Körper flieĂt.
Ich weiĂ sofort: Jutta schickt mir Fern-Reiki aus Kassel.
Und tatsÀchlich bestÀtigt sie es spÀter.
Ein leuchtender Moment â
zwischen Himmel und Erde,
in 10.000 Metern Höhe, verbunden ĂŒber Raum und Zeit.
In Rio empfÀngt uns Gastvater Maia wieder herzlich.
Er fÀhrt uns durch die nÀchtliche Stadt
zu einem Apartment, das uns den Atem raubt:
vier Zimmer, zwei BĂ€der (eins mit Badewanne â und warmem Wasser!),
zwei Fernseher, zwei Videorekorder,
eine KĂŒche, die gröĂer ist als manches Wohnzimmer.
Luxus pur.
Und das fĂŒr 80 Reais am Tag â geteilt durch drei,
also gerade einmal acht Euro pro Person.
Brasilien, du WundertĂŒte.
Gegen Mitternacht sitze ich in dieser hellen, neuen Welt,
als Maia uns ein liebevoll zubereitetes Essen serviert.
Kerzenlicht, Reisduft, Stimmen, die leise werden.
Dann hebt er das Glas,
und plötzlich wird mir klar:
Ich habe Geburtstag.
Lachen, Umarmungen, warme Worte.
Ein leiser, glĂŒcklicher Moment.
Der Tag, der mit MĂŒdigkeit und Abschied begann,
endet in Dankbarkeit, WĂ€rme und FĂŒlle.
Und ich denke:
Vielleicht ist genau das Reiki in seiner reinsten Form â
die stille Energie,
die dich immer genau dorthin trÀgt,
wo du gerade sein sollst.
Samstag 26.03. â Montag 28.03.2011
â Die Tage 16-18 nach meiner Reiki Meistereinweihung
Drei Tage Luxus, Licht und Lebensfreude
Es folgen drei Tage, die sich anfĂŒhlen wie ein Geschenk des Universums.
Nach all den Abenteuern, StĂŒrmen, Krankheiten und nĂ€chtlichen Fluchtaktionen
tauchen wir nun ein in eine kleine Oase der Ruhe â
unser Luxusapartment in Rio, nur wenige Schritte von der Copacabana entfernt.
Die Sonne scheint fast ununterbrochen,
das Meer rauscht wie eine vertraute Melodie,
und der Rhythmus der Stadt pulsiert durch alles.
Wir schlendern barfuĂ ĂŒber den feinen Sand,
trinken frische Cocosmilch,
lassen die warmen Wellen um unsere FĂŒĂe tanzen
und atmen dieses LebensgefĂŒhl, das man nicht beschreiben kann â
nur fĂŒhlen.
Zwischendurch gibt es immer wieder Reiki-Momente.
Wir geben und empfangen,
spĂŒren, wie die Energie durch uns flieĂt,
wie sie die letzten Spannungen löst,
uns in Balance bringt.
Selbst das Rauschen des Meeres scheint mitzuschwingen,
als wĂŒrde es die Reiki-Schwingung verstĂ€rken.
Abends, wenn die Sonne glutrot hinter dem Horizont versinkt,
verwandelt sich Rio in ein Lichtermeer â
und wir werden Teil davon.
An einem dieser Abende lÀdt uns Prof. Simon mit seiner Frau zu sich ein.
Sein Apartment liegt hoch ĂŒber der Stadt,
auf dem Dach eines Hochhauses,
mit einer Terrasse, die fast unwirklich schön ist.
Vor uns die Copacabana,
die Lichter, das Meer,
die Musik, die durch die Nacht schwebt.
Wir trinken, lachen, genieĂen den Augenblick.
Die Stadt pulsiert unter uns,
und ich denke: So fĂŒhlt sich Freiheit an.
SpĂ€ter gehen wir gemeinsam in eine Disco â
und dann gibt es kein Halten mehr.
Stella und ich tanzen,
und tanzen,
und tanzen.
Die ganze Nacht hindurch,
bis der Morgen durch die Fenster der Stadt bricht.
Alles ist Bewegung, Musik, Energie â
Reiki in Rhythmus und Licht.
Wenn ich an diese Tage zurĂŒckdenke,
dann spĂŒre ich noch immer die WĂ€rme,
den Wind vom Meer,
die Leichtigkeit,
das GefĂŒhl, angekommen zu sein.
So lĂ€sst sichâs leben.
29.03.05 â Der Tag 19 nach meiner Einweihung
Der letzte Tag in Rio â Abschied in Wellen und Steinen
Der Morgen beginnt ruhig und golden.
Um 08:00 Uhr wecke ich Lisa,
die verschlafen blinzelt und sich noch einmal umdreht,
bevor sie schlieĂlich lachend aufsteht.
Wir gehen gemeinsam hinunter zur Copacabana,
wo die Sonne schon hoch ĂŒber dem Meer steht.
Ein letztes Mal tauchen wir in die Wellen,
lassen uns treiben,
fĂŒhlen das Salz, das Licht, den Rhythmus von Rio.
Es ist, als wolle das Meer selbst sich verabschieden â
mit einem sanften, glitzernden GruĂ.
Nach dem Bad treiben wir ziellos durch die StraĂen
und landen zufÀllig in einem Mineralien- und Steinladen.
Regale voller Kristalle, Amethyste, Bergkristalle, Rosenquarze.
Energie, wohin man spĂŒrt.
Ich wĂ€hle mehrere Steine aus â
jeder trÀgt seine eigene Schwingung,
sein eigenes Licht.
Ich weiĂ, dass ich sie kĂŒnftig fĂŒr Fern-Reiki nutzen werde.
Ein StĂŒck Brasilien, das mit nach Hause flieĂt.
ZurĂŒck in der Pousada treffen wir Stella,
frĂŒhstĂŒcken zusammen â
Saft, FrĂŒchte, sĂŒĂes Brot, Kaffee, Lachen.
Die Leichtigkeit des letzten Tages liegt in der Luft.
Danach brechen Stella und ich auf zu einem Ziel,
das mit Reiki nichts zu tun hat â
und doch ganz viel mit Leidenschaft:
dem Harley-Davidson-Shop in Rio.
Einmal quer durch die Stadt,
mit Bus, Taxi, wieder Bus, wieder Taxi â
ein echtes kleines Abenteuer,
vor allem in diesem Verkehr.
Doch als wir ankommen, ist alles vergessen:
das Dröhnen der Maschinen,
das Chrom, die Freiheit, die in der Luft liegt.
Ich kaufe drei T-Shirts â
eins verschenke ich spÀter,
die anderen beiden trage ich bis heute.
Erinnerungen aus Stoff,
durchtrÀnkt mit Sonne und Asphalt.
Zum Abschluss gehtâs noch ins gigantische Barra Shopping Center.
Ein Meer aus Lichtern, Stimmen, Farben â
der Kontrast zu unseren stillen Reiki-Tagen am Strand könnte kaum gröĂer sein.
Wir kaufen die letzten brasilianischen RÀucherstÀbchen,
fĂŒr den Duft der Erinnerung â
eine BrĂŒcke zurĂŒck in diese Zeit.
Als wir spĂ€ter zurĂŒckfahren,
liegt Rio unter einem Himmel aus Licht.
Und irgendwo in mir mischt sich Freude mit Wehmut.
Das Meer, die Menschen, die Energie â
alles bleibt.
Nur wir sind auf dem Sprung…
Hier endete das Reise-Tagebuch âŠ
Nachwort â Mein Weg mit Reiki
Am Anfang war Reiki fĂŒr mich vor allem eines:
eine wunderbare Möglichkeit, mich endlich einmal ohne Stress zu entspannen.
Eine ganze Stunde lang â nur ich, Ruhe und dieses warme, leise Strömen.
Ich hatte zuvor vieles ausprobiert â Meditationen, AtemĂŒbungen,
verschiedene Entspannungstechniken â
doch nichts hielt lange.
Nach kurzer Zeit begannen sie mich eher zu nerven,
als dass sie mir wirklich halfen, loszulassen.
Nur Reiki war anders.
Es blieb sanft, einfach, ehrlich entspannend â
bis heute.
Bei unseren regelmĂ€Ăigen Reiki-Treffen bei Bill staunte ich immer,
wenn die anderen von sensationellen Erlebnissen berichteten:
von Farben, inneren Bildern, Energiewellen, Eingebungen.
Ich selbst spĂŒrte zwar die wohltuende Ruhe,
doch âmehrâ schien bei mir nicht zu passieren.
Ich dachte damals:
Entweder ĂŒbertreiben die alle â oder bei mir wirkt Reiki einfach nicht so richtig.
Dann kam der Tag der Einweihung in den zweiten Reiki-Grad.
Ich hatte mich eher pragmatisch entschieden:
Wenn ich schon den ersten Grad gemacht habe,
dann kann ich auch gleich mit den anderen weitermachen.
Eine Entscheidung, die sich als goldrichtig herausstellen sollte.
Denn plötzlich öffnete sich etwas in mir.
Ich begann, Energie ganz anders wahrzunehmen â
intensiver, direkter, lebendiger.
Ich erlebte genau jene ungewöhnlichen Dinge,
von denen die anderen immer gesprochen hatten.
Reiki wurde zu einem Tor in eine tiefere Dimension des SpĂŒrens.
Und dann geschah etwas, das mein Leben nachhaltig verÀnderte:
Eine einzige Reiki-Behandlung lieà meine MigrÀne,
die mich ĂŒber zwanzig Jahre lang regelmĂ€Ăig gequĂ€lt hatte,
vollstĂ€ndig verschwinden â bis heute.
Ich hatte mich damals mit dem Gedanken behandelt:
âWahrscheinlich hilft es sowieso nicht â aber schaden kannâs ja auch nicht.â
Doch es half.
Und ich konnte es lange kaum glauben.
Einmal mehr zeigte mir Reiki:
Es geht nicht um Glauben â
es geht ums Erleben.
Seitdem folgten viele weitere, faszinierende Erfahrungen â
Momente von Heilung, innerem Frieden, Klarheit,
und dieses stille, liebevolle GefĂŒhl, Teil eines gröĂeren Flusses zu sein.
So wurde Reiki fĂŒr mich nicht nur eine Methode,
sondern ein Weg.
Ein Weg, der mich Schritt fĂŒr Schritt zur Meisterschaft
und schlieĂlich zur Reiki-Lehrerschaft fĂŒhrte.
Und heute â viele Jahre spĂ€ter â
bin ich dankbar, dass ich damals einfach nur âentspannenâ wollte.
Denn genau damit begann meine Reise. đżâš
đż Die Gokai â Die Reiki-Lebensregeln đż
sei fröhlich
sei sorglos
sei dankbar
sei pflichtbewusst
sei nett zu deinen Mitmenschen
Die Einweihung zum Reiki-Meister war kein Endpunkt, sondern ein Anfang.
Die Reiki-Lebensregeln im Alltag zu leben ist (m)eine fortwÀhrende Herausforderung.
NamastĂ© â Glenn Sat Nam
Wichtiger Hinweis
Glenn Ohme aus Berlin
Seit 2005 Reiki-Meister und Reiki-Lehrer nach dem Reiki-System der natĂŒrlichen Heilung des Usui Sensei aus Japan.
Heilung ist hier als ganzheitlicher Ansatz zu verstehen. Reiki ersetzt keine Ă€rztliche Behandlung, sondern kann sie ergĂ€nzen. Es beinhaltet keine Diagnosen oder Heilversprechen â es geht um Geschehen lassen âŠ
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